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Robert Elsie

Texte und Dokumente zur albanischen Geschichte

   
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Triumph des Willens. Plakat eines Propagandafilms, 1934.



Triumph des Willens.
Plakat eines Propagandafilms, 1934.
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Triumph des Willens. Plakat eines Propagandafilms, 1934.

1945
Abschlußbericht
der Deutschen Wehrmacht
in Albanien

Die italienische Okkupation Albaniens während des Zweiten Weltkriegs brach im September 1943 zusammen. Sofort besetzten Einheiten der Deutschen Wehrmacht das Land, um eine Alliierte Landung zu verhindern. Die Deutschen stellten die formelle Unabhängigkeit Albaniens wieder her und bemühten sich, sie in einigen Bereichen zu respektieren. Nichts­desto­trotz war das Land über ein Jahr lang von Deutschland de facto besetzt. Im Oktober-November 1944 zogen sich deutsche Truppen aus Albanien zurück und traten den langen Rückzug durch die rauhe Berglandschaft Bosniens nach Österreich und Deutschland an. Der Verfasser dieses Berichts war Mitglied der sogenannten Verwaltungsgruppe der Wehr­macht in Albanien, die während der Besatzung mit den verschiedensten Verwaltungsaufgaben betraut wurde. Er beschreibt die Zustände in Albanien in den Jahren 1943-1944 aus seiner Sicht und bietet eine Vielzahl von Angaben zu politischen, verwaltungstechnischen und Wirtschaftsfragen an. Dieser einmalige, wohl aus dem Monat Februar oder März 1945 stammende Abschlußbericht über die Besatzungszeit in Albanien wurde kurz vor dem endgültigen Zusammenbruch des Dritten Reichs verfaßt.

 

Abschlußbericht der Deutschen Wehrmacht in Albanien

I. ENTWICKLUNG DER ORGANISATION
DER DEUTSCHEN VERWALTUNG

Grundsätzliche Stellung der Verwaltung im neutralen Albanien

Eine militärische Verwaltung im eigentlichen Sinne hat in Albanien nicht bestanden. Soweit militärische Verwaltungsbeamte in Albanien eingesetzt wurden, waren ihre Aufgaben und ihre Arbeitsmöglichkeiten wesentlich andere als in Frankreich, Belgien und Serbien.

Beherrscht wurde die deutsche Albanienpolitik durch den Grundsatz, Albanien als unabhängigen neutralen Staat zu respektieren. Dieser Grundsatz hat zweifellos eine erhebliche innere Berechtigung gehabt. Als einziger, überwiegend muselmanischer Staat in Europa verlangte Albanien im Rahmen der gesamten deutschen Islampolitik und insbesondere mit Rücksicht auf die Türkei unbedingt eine politische Sonderbehandlung und mußte deshalb eine über seine sonstige Bedeutung wohl hinausgehende pflegliche Betreuung in der hohen Politik erfahren. Zweifelhaft ist, ob dieser bis zum Schluß durchgehaltene Grundsatz nicht sachlich und zeitlich überspannt worden ist. Jedenfalls gab er denjenigen deutschen Dienststellen, die sich mit der Lenkung der albanischen Geschicke zu befassen hatten, ihr besonderes Gepräge, wie er auch die Methoden und Möglichkeiten der Verwaltungsarbeit in eigenartiger Weise beeinflußte.

Besatzung Albaniens

Albanien wurde ab 9. September 1943 nach dem Verrat Italiens von der deutschen 2. Panzerarmee militärisch besetzt. Feindlicher Widerstand war im wesentlichen nicht zu brechen, so daß die Inbesitznahme der Städte und Straßen verhältnismäßig reibungslos und schnell vor sich ging.

Der Deutsche General in Albanien

Als territorialer Befehlshaber wurde General der Artillerie Geib eingesetzt, dessen Befehlsbereich anfänglich auch Montenegro mit umfaßte. Aus politischen Gründen wurde dieses Land aber sehr bald wieder verselbständigt. Die endgültig in Albanien eingesetzte bodenständige Dienststelle des „Deutschen bevollmächtigten Generals in Albanien“ (DGA) war KStN-mäßig nun mehr als Divisionsstab ausgestattet. Da der DGA als solcher auch nicht über Truppen verfügte, so war seine Stellung von vornherein nicht stoßkräftig genug.

Feldkommandanturen

Im Oktober 1943 trafen drei Feldkommandanturen (FK), 1030, 1039 und 1040 aus der Heimat ein, die mit den endgültigen Stabsitzen in Tirana, Prizren und Struga unter dem DGA die territoriale Gewalt in der Mittelinstanz ausübten. Die FK Prizren verwaltete das Kosovo-Gebiet, die FK Tirana im wesentlichen die Küstentiefebene Altalbaniens von Valona [Vlora] bis zu montenegrinischen Grenze und den Bezirk Elbasan, die FK Struga den östlichen, an Bulgarien angrenzenden Teil Albaniens. Der südlichste Zipfel des Landes, schon vom griechisch-albanischen Krieg her ein fortdauernder Brandherd, wurde erst vorübergehend im Hochsommer 1944 freigekämpft. Eine dann aus den bestehenden drei Feldkommandanturen gebildete vierte FK, die diesen Teil umfassen sollte, mit dem vorgesehenen Stabssitz in Korça, kam zwar noch zur Aufstellung, aber nicht zum praktischen Arbeiten, da die Entwicklung im Herbst über dieses Vorhaben zur Tagesordnung überging.

Orts- und Platzkommandanturen

Die unterste Instanz der territorialen Dienststellen bildeten die in den bedeutenderen Städten eingesetzten Orts- bzw. Platzkommandanturen, die je nach der Tatkraft und Verantwortungsfreudigkeit der Kommandanten mit die ausschlaggebenden Faktoren in der Verwaltung des Landes waren; denn sie stellten die einzigen deutschen Organisationen dar, die wirklich mit der Bevölkerung in lebendiger Fühlung und Wechselwirkung standen.

Der Sonderbevollmächtigte des Auswärtigen Amtes

Kurz nach dem Eintreffen des DGA wurden militärische Verwaltungsbeamte zum Befehlshaber und den Feldkommandanturen nachgezogen. Ihre Tätigkeit fand aber schon im November bzw. Dezember 1943 ein vorläufiges Ende. Sie wurden aus politischen Gründen zurückgezogen, da der Sonderbevollmächtigte des Auswärtigen Amtes für den Südosten in Betonung der Neutralität Albaniens die deutsche Einwirkung auf die albanische Regierung und die albanischen Behörden nach Möglichkeit begrenzt wissen wollte. Für die großen Linien der deutschen Albanienpolitik trägt also von diesem Zeitpunkt an der Sonderbevollmächtigte des Auswärtigen Amtes die ausschließliche Verantwortung.

Der Beauftragte für Wirtschaft und Finanzen

Zur Pflege der zwischenstaatlichen wirtschaftlichen Beziehungen und zur Durchführung der Wehrmachtfinanzierung in Albanien an Ort und Stelle wurde unter dem ehemaligen Verwaltungsgruppenleiter der FK Tirana die Dienststelle des Beauftragten für Wirtschaft und Finanzen beim Deutschen Generalkonsul in Tirana geschaffen. Diese Einrichtung litt daran, daß sie bei personeller Unterstellung unter den deutschen Generalkonsul, später Gesandten, ihre fachliche Weisung von Sonderbevollmächtigten des Auswärtigen Amtes erhielt; außerdem war sie sachlich dadurch gehemmt, daß sie keine deutschen Zweigstellen im Lande hatte. Da sie vielleicht aus Sorge, etwas von ihrer Selbständigkeit zu verlieren, den natürlichen Weg in die Provinz zu den Orts- und Platzkommandanturen nur in Notfällen fand, war sie allein auf die albanischen Behörden und Einrichtungen angewiesen. Die Folge war eine sachlich nicht immer glückliche Abhängigkeit von albanischen Interessen und Anschauungen, die gelegentlich zu Zwistigkeiten mit den militärischen Stellen führten.

Neuentsendung von militärischen Verwaltungsbeamten Anfang 1944

Anfang des Jahres 1944 setzte der DGA die Neuentsendung von militärischen Verwaltungsbeamten nach Albanien durch. Zunächst wurden lediglich zwei höhere Beamte, Oberrat Dr. Westphal zum DGA und MVR Schulze-Waltrup zur FK Tirana beordert. Später wurden noch MVR Heimer zur FK Prizren, MVR von Carlowitz zur FK Struga abgestellt und MVR Merten für die FK Korça in Aussicht genommen. Auch wurden in Anerkennung der steigenden Arbeitslast der Verwaltungsgruppe einige Bürobeamte und Sonderführer nachgeschoben. KStN-mäßig bildeten sämtlich militärische Verwaltungsbeamten die Verwaltungsgruppe des DGA bei Abkommandierung der einzelnen zu den FKen.

Grundsätzlicher Auftrag der militärischen Verwaltungsbeamten

Der neue Auftrag der militärischen Verwaltungsbeamten wurde von Obef. der militärischen Verwaltung Südost ausdrücklich dahin begrenzt, daß vorerst lediglich die Lage zu beobachten sei, um einen etwaigen Zerfall der albanischen Staatsgewalt rechtzeitig erkennen zu können und notfalls sofort eine mit landeskundigen Personen besetzbare Auffangorganisation bilden zu können.

Tatsächlicher Umfang der Verwaltungsarbeit

Wenn die militärische Verwaltungsbeamten sich in der Praxis an diese Richtlinie nicht immer halten konnten, so lag dies darin, daß dort, wo in deutschem Interesse Aufgaben zu erledigen waren, bei der Arbeitsunfähigkeit der albanischen Behörden nur einiges Eingreifen übrig blieb und vom DGA befohlen wurde. Daß ein derartiges Arbeiten angesichts des Fehlens von Befugnissen und von Exekutive außerordentlich schwierig war, bedarf keiner Darlegung. Es bedurfte vor allem mehr erheblichen Verhandlungsgeschicks, um eine leidlich sinnvolle Arbeitsteilung mit den anderen deutschen Dienststellen zu erreichen.

Deutscher Generalkonsul

Der deutsche Generalkonsul, seit Anfang Juni 1944 in Ausbau der zwischenstaatlichen Beziehungen zum Gesandten erhoben, beschränkte sich in vorsichtiger Zurückhaltung auf den eigentlichen diplomatischen Verkehr mit der albanischen Regierung und die Erledigung der Konsulargeschäfte. Hier ergab sich im Paß- und Ausweiswesen, wo die Verwaltung für die Ausstellung der militärischen Durchlaßscheine zuständig war, ein gutes Zusammenarbeiten.

Beauftragter für Wirtschaft und Finanzen

Zum Bevollmächtigten für Wirtschaft und Finanzen gestalteten sich die Beziehungen wesentlich schwieriger. Es gelang zwar, die Zuständigkeit des DGA in allen Fällen festzulegen, in denen militärische Belange berührt wurden. Diese Umschreibung war aber nicht genau genug, um in Einzelfällen Reibungen auszuschließen. Sachlich machte die deutsche Truppenführung dem Beauftragten vielfach den Vorwurf eines Übermaßes an Albanienfreundlichkeit und suchte den DGA zu veranlassen, dieser Einstellung entgegenzuwirken.

Kommandierender General d. XXI. Geb. A.K.s

Der Kommandierende General des XXI. Geb. A.K.s, der Truppenbefehlshaber in Albanien, griff zum ersten Male entscheidend in die territoriale Verwaltung Albaniens ein, als er im Frühjahr 1944 im Interesse der Küstenverteidigung die Räumung eines breiten Streifens gegen die See verlangte. Mit fortschreitender Entwicklung trat die Stellung des Korpskommandeurs auch in weiteren Fragen der Landesverwaltung in den Vordergrund, je mehr sich die militärische Lage zuspitzte. Als Anfang September 1944 die vollziehende Gewalt auf den Kommandierenden General überging, wurde die eindeutige Unterstellung des DGA eine auch organisatorisch festgelegte Tatsache.

SS Chef Josef Fitzthum (1896-1945).

SS Chef Josef Fitzthum (1896-1945).



SS Chef Josef Fitzthum (1896-1945).

Höherer SS- und Polizeiführer

Der Höhere SS- und Polizeiführer, ursprünglich zum Aufbau der albanischen Gendarmerie und Polizei nach Albanien entsandt, zeigte von Anfang an starke Neigung, sich allgemein mit der Verwaltung des Landes zu befassen. Als seine eigentliche Aufgabe Ende Juli 1944 undurchführbar wurde, schaltete er sich immer stärker in die Lenkung der inneralbanischen Verhältnisse ein. Es war daher nur eine folgerichtige Fortsetzung dieser Entwicklung, wenn Ende August 1944 DGA und Höherer SS- und Polizeiführer durch Personalunion in der Hand des Gruppenführers Fitzthum zusammengefaßt wurde.

Auftrag Oberführer Gstöttenbauer

Zur gleichen Zeit entsandte der Sonderbevollmächtigte des Auswärtigen Amtes einen eigenen Sonderbeauftragten nach Albanien, um die Politik zu aktivieren. Oberführer Gstöttenbauer war bestrebt, in engster Zusammenarbeit mit dem DGA alle Fäden der Politik und auch der Verwaltung in seiner Hand zusammenzufassen.

Kommandierender General alleiniger territorialer Befehlshaber

Als Anfang Oktober 1944 Oberführer Gstöttenbauer und etwas später Gruppenführer Fitzthum und der deutsche Gesandte zunächst Altalbanien und bald darauf ganz das Land verließen, vereinigte sich zum Schluß die gesamte territoriale Befehlsgewalt in der Hand des Kommandierenden Generals des XXI. Geb. A.K.

Wechselnde Unterstellung der Verwaltungsgruppe

Für die Verwaltungsgruppe bedingte diese dauernde Umorganisation seit Ende August 1944 einen ständigen Wechsel in ihrer Zugehörigkeit.

Gruppenführer Fitzthum löste als erste Amtshandlung in seiner Eigenschaft als DGA die bestehenden vier FKen aus Personalersparnisgründen auf und schuf die Dienststelle des „Deutsche Feldkommandanten in Albanien“ als einzige territoriale Befehlsstelle. Von dieser Einsparungsmaßnahme wurden die Verwaltungsgruppen als solche ausgenommen. Der Grund hierfür lag darin, daß die Notwendigkeit erkannt wurde, die Verwaltungsgeschäfte wenigstens deutscherseits weiterzuführen, da die albanischen Behörden und Dienststellen sich schon in voller Auflösung befanden. Durch die Auflösung der FKen verloren aber die einzelnen Verwaltungsgruppen ihre organisatorische Anlehnung. Daher wurde als Zwischenlösung der Leiter der Verwaltungsgruppe beim DGA und der Gruppenleiter der FK Tirana vom Stab Fitzthum übernommen. Der Gruppenleiter der FK Prizren wurde der dortigen Platzkommandantur angegliedert. Die Verwaltungsbezirke Tirana und Prizren blieben die alten. Der Bereich der ehemaligen FK Struga war entweder schon geräumt oder bandenverseucht. Daher wurde der dortige Verwaltungsgruppenleiter nach Skutari [Shkodra] abkommandiert, um an diesem wichtigen Platz die örtlichen Verwaltungsgeschäfte zu übernehmen.

Aus der Erkenntnis heraus, daß zum Schluß das Korps als alleiniger Befehlsträger übrigbleiben würde, trat Oberrat Mellin schon jetzt als Leiter einer Abteilung VII zum Korps. Nach dem Weggang des Höheren SS- und Polizeiführers kam MVR Schulze-Waltrup in gleicher Eigenschaft zur 297. I. D., die zur damaligen Zeit Altalbanien, soweit es noch nicht geräumt war, also von einer Linie etwa 40 km südlich Durazzo [Durrës] an, sicherte. MVR Heimer sollte ebenso zur SS-Division Skanderbeg in Kosovo treten. Da aber diese Division sehr bald zerfiel und Neualbanien aufgegeben werden mußte, kam seine vorgesehene Verwendung nicht mehr zum Zuge.

Zusammenarbeit der Verwaltung mit der Truppe

Der Übertritt der Verwaltungsgruppe zur Kampftruppe stellte sich unter den gegebenen Verhältnissen als notwendige und auch glückliche Lösung dar. Die Zusammenarbeit funktionierte bald reibungslos, da die Verwaltung mit ihrer Kenntnis von Land und Leuten wertvolle Hilfestellung leisten konnte. Die Truppe erkannte diese Mitarbeit dadurch an, daß sie Wert darauf legte, daß ein Verwaltungsbeamter bei den letzten Truppen verblieb. So hat MVR Schulze-Waltrup sowohl Tirana nach zwanzigtägiger Einschließung durch Banden, wie auch Skutari mit der letzten Kampftruppe verlassen.

Rückmarsch aus Albanien

Anfang Dezember traten die Verwaltungsgruppen mit ihren Truppenteilen einen monatelangen, sehr anstrengenden und verlustreichen Rückmarsch durch Montenegro und Hochbosnien an und erreichten Anfang 1945 Sarajevo. Oberrat Dr. Mellin ist infolge Flecktyphus, den er sich auf dem Rückmarsch zugezogen hatte, am 3.2.1945 in der Heimat gestorben.

 

II. ENTWICKLUNG DER POLITISCHEN LAGE

Vorgeschichte der deutschen Besetzung Albaniens

Die deutsche Albanienpolitik ist nur verständlich, wenn man kurz auf die Vorgeschichte der deutschen Besetzung eingeht. Albanien war seit der italienischen Besetzung im Frühjahr 1939 ein für deutsche Beobachter nur schwer zu durchschauendes Land. Italien verstand es, eine gleißende Fassade vor dem innerlich morschen Bau von Albanien zu errichten. Schon vorher war das Schrifttum über Albanien einseitig und zweckbetont dahin gefärbt, daß die Reformen Zogus zur Modernisierung des Landes und die angeblich tiefe Freundschaft Albaniens zu Italien in stark übertriebenen Farben geschildert wurden. Nach der Besetzung gelang es der offiziellen Propaganda erst recht, den Eindruck zu erwecken, als sei die italienische Herrschaft im Volke fest verankert und als arbeite die Verwaltung des Landes reibungslos. Dies war um so leichter möglich, als der optische Eindruck der Entwicklung des Landes durchaus günstig war. Insbesondere in der Hauptstadt Tirana wurden prunkvolle Prachtbauten ausgeführt oder waren in der Planung.

Italienische Politik in Albanien

Tatsächlich aber stand die italienische Herrschaft und das albanische Staatsgefüge auf vollkommen tönernen Füssen. Die Italiener arbeiteten, von ihrem Standpunkt aus verständlich, dem noch sehr starken Einfluß des Königs Zogu in der Verwaltung des Landes dadurch entgegen, daß sie zunächst die Behörden von Zogisten säuberten. Darüber hinaus mußte aber ihr Gebaren in der Personalpolitik den Eindruck erwecken, daß sie bewußt darauf ausgingen, die landeseigene Verwaltung verlottern zu lassen. Der Grund hierfür dürfte darin zu suchen sein, daß sie die Bahn freimachen wollten, um Albanien von dem Range eines Kondominiums auf den Stand einer Kolonie herunterzudrücken. Dieses Bestreben erscheint aus dem italienischen Blickfeld gesehen nicht so unverständlich, wenn man berücksichtigt, daß nur so die Möglichkeit gegeben erschien, den Bevölkerungsüberschuß Italiens in möglichst hoher Zahl in die antike balkanische Kornkammer des alten Rom abzuleiten.

Für das albanische Staatsgefüge hatte diese Entwicklung die verheerendsten Wirkungen. Die Verwaltung des Königs Zogu, die in halbeuropäischer, halborientalischer Form doch letzten Endes Ruhe, Ordnung und Sicherheit in diesem klassischen Lande der ewigen inneren Fehden und der Räuberbanden gewährleistet hatte, wurde durch vollkommen unfähige Einrichtungen und Personen abgelöst, die sich in der Folgezeit als praktisch zu jeder Arbeit untauglich gezeigt haben.

Banden unter italienischer Herrschaft

Hatte hier die italienische Politik mindestens zum Teil bewußt die Zerrüttung des Landes gefördert, so wurde die Ruhe Albaniens in noch gefährlicherer Weise durch das sofort ins Kraut schießende Bandenunwesen beeinträchtigt. Da die Italiener nicht imstande oder gewillt waren, diesem Mißstand trotz ihrer sehr starken Besatzungskräfte militärisch ein Ende zu bereiten, halfen sie sich gegenüber der Außenwelt damit, daß sie die Banden als kommunistisch bezeichneten. Dies ist zu mindesten für den Beginn der Bandenkämpfe falsch. Anfangs waren die Bandenmitglieder in der Mehrzahl Freiheitskämpfer gegen den italienischen Eindringling. Erst später fingen kommunistische Drahtzieher geschickt den Ball auf und drängten die Bandenkämpfer tatsächlich immer mehr ins sowjetische Fahrwasser.

Ausschluß ausländischer Beobachter

Da im übrigen die Italiener es verstanden, ausländischen Beobachtern den Blick hinter den Kulissen zu erwehren, was bei der Unerschlossenheit des Landes nicht allzu schwer war, sah die deutsche Politik wahrscheinlich vielfach die albanischen Dinge durch die italienische Brille. Sie ging daher bei der Besetzung des Landes davon aus, daß dort ein halbwegs festgefügtes Staatswesen wie zu Zeiten Zogus vorgefunden würde, das allerdings in einigen Gegenden sich sowjetischer Banden zu erwehren hätte.

Unrichtige Einschätzung Albaniens

Ein weiterer Irrtum unterlief der deutschen Politik insoweit, als sie in Unterschätzung der tatsächlich vorhandenen innerpolitischen Kräfte und Strömungen sich allzu ausschließlich auf die Kaste der Großgrundbesitzer, der Beys, stützte. Dies ist insoweit verständlich, als die Besitzenden die natürlichen Feinde der damals allerdings kaum vorhandenen kommunistischen Strömungen und damit als die natürlichen Bundesgenossen Deutschlands erscheinen mußten. Zudem bestach die unleugbar vorhandene äußerliche Gewandtheit dieses Bevölkerungsteiles schon allein deswegen, weil eine sprachliche Verständigung mit diesen Gebildeten außerordentlich leicht war. Sie beherrschten meistens Deutsch, sonst aber eine andere Weltsprache fließend. Dagegen war das Herankommen an das eigentliche Volk und damit das Erkennen der in der breiten Masse vorhandenen Unterströmungen sprachlich sehr erschwert. Es dürften auch zum Schluß der Besatzung kaum zehn Deutsche einigermaßen albanisch gesprochen haben.

Die Annäherung an die Großen des Landes gelang um so eher, als diese bei der damals ungebrochenen Kraft Deutschlands glaubten, in der deutschen Wehrmacht einen unangreifbaren Schützer ihrer mittelalterlichen wirtschaftlichen Vorherrschaft gefunden zu haben. Hier wirkten die kommunistischen Drahtzieher ebenfalls sehr geschickt dagegen, in dem sie im Gegensatz zur deutschen Anlehnung an die obere Kaste, der breiten Maße wirtschaftliche Köder hinwarfen und hierdurch Einfluß auf die Besitzlosen zu gewinnen versuchten.

Einfluß der Islampolitik und Anerkennung Albaniens als neutraler Staat

Glaubte so die deutsche Politik in Verkennung der innerpolitischen Lage in Albanien die Voraussetzung für die Errichtung eines selbständigen Staates vorzufinden, so mußte die Islampolitik des Reiches und die Rücksicht auf die Türkei diesen Versuch als um so verlockender erscheinen lassen. So wurden denn sofort bei der Besetzung Albaniens die deutschen Beziehungen zum albanischen Exekutivkomitee, welches bis zur Bildung einer endgültigen Regierung die Staatsgeschäfte führte, auf der Grundlage der Anerkennung Albaniens als selbständigen neutralen Staat aufgenommen.

Regentschaftsrat während der deutschen Besatzung, Oktober 1943.

Regentschaftsrat während der deutschen Besatzung, Oktober 1943.



Regentschaftsrat während der deutschen
Besatzung, Oktober 1943.

Endgültige albanische Regierung,
Regentschaftsrat, Parlament

Im Ausbau der Staatsgewalt wurde dann die albanische Regierung eingerichtet. Ihr zur Seite traten der Regentschaftsrat, als Träger einer präsidialen Gewalt gedacht, und das Parlament. Es wurden also rein demokratische Formen geduldet, was sich in der Folgezeit nicht gerade günstig auswirkte. Einmal trat das Gegenspiel der drei Gewalten als störendes Element einer einigermaßen ruhigen Entwicklung in Erscheinung, zum anderen fehlte es allen deutschen Einwirkungen gegenüber an einer verantwortlichen albanischen Seite, die die deutschen Wünsche und Forderungen entgegengenommen und mit der notwendigen Autorität in die Wirklichkeit umgesetzt hätte.

Die wechselnden Regierungen im Laufe der deutschen Besatzung einzeln aufzuzählen, hieße ihnen eine Bedeutung beimessen, die sie in Wirklichkeit niemals für das Land und für Deutschland besessen haben. Lediglich einzelne Persönlichkeiten ragen über das allgemein bescheidene Mittelmaß heraus.

Mehdi Frashëri (1874-1963).

Mehdi Frashëri (1874-1963).



Mehdi Frashëri (1874-1963).

Albanische Politiker – die Frasheri

Hier sind in erster Linie der Vorsitzende des Regentschaftsrates, Mehdi Frasheri, und sein Sohn Vehbi zu nennen. Die Frasheri haben es verstanden, sich bis zum Schluß durchzuwinden, und waren letzten Endes auf Grund ihrer Wendigkeit die einflußreichsten Politiker Albaniens. Ihre Einstellung zu Deutschland war trotz ihrer betont korrekten Haltung vollkommen mehrdeutig. Zweifelsfrei hielten sie bei aller deutscher Förderung fortlaufend über Ankara Fühlung zu den Westmächten, während sie zu den kommunistischen Kreisen keinen Anschluß gesucht oder gefunden haben. Dieses Werturteil dürfte bis zum gewissen Grade dadurch bewiesen werden, daß die Frasheri sich bis zum Schluß jedem Abtransport nach Deutschland, selbst im Flugzeug, widersetzten, offenbar, da sie bis zum Ende auf die immer wieder versprochene Landung der Engländer warteten. Erst als diese nicht rechtzeitig kamen, gingen sie vor den Kommunisten mit der deutschen Truppe im Fußmarsch zurück. In echt deutscher Rücksichtnahme wurde es dann noch möglich gemacht, Frasheri Senior und seine Frau von Podgorica aus mit einer Ju abzutransportieren.

Ago Agaj (1897-1994) im Oktober 1943.

Ago Agaj (1897-1994) im Oktober 1943.



Ago Agaj (1897-1994)
im Oktober 1943.

Minister Ago Agai

Gegenüber diesen undurchsichtigen Persönlichkeiten waren bis zum Hochsommer die Minister Deva und Ago Agai, beide Kosovaner, die Stützen für die deutsche Politik. Ago Agai als Wirtschaftsminister dürfte zwar persönlich einwandfrei gewesen sein, war aber zu sehr doktrinär, um zur wirklich praktischen Arbeit zu kommen.

Minister Deva

Deva als Innenminister verfügte dagegen über die notwendige Tatkraft und Energie, um beim richtigen Ansetzen ein wirklich wertvolles Instrument der deutschen Politik zu werden. In der klaren Erkenntnis, daß jede Regierung ohne vollziehende Gewalt eine Halbheit bleiben muß, und daß gerade in Albanien nur mit eiserner Faust regiert werden kann, schaffte er sich eine Leibgarde aus Kosovanern und verlegte sie nach Tirana. Diese halbwilden Bergbewohner übten allerdings in der Hauptstadt ein für europäische Begriffe ziemlich unmögliches Willkürregiment aus, würden aber im Enderfolg in landesüblicher Form der Regierung durch Terror die fehlende Autorität geschaffen haben. Daher darf es als eine wenig glückliche, wenn auch verständliche Haltung der deutschen Dienststellen erscheinen, wenn sie zu Anfang des Jahres 1944 häufig gegen das teilweise wirklich wüste Treiben der Kosovo-Gruppe Vorstellungen erhoben.

Xhafer Deva (1904-1978).

Xhafer Deva (1904-1978).



Xhafer Deva (1904-1978).

Abgang Devas

Da der Albaner in mancher Beziehung sehr feinhörig für Unterströmungen ist, gewannen alle Gegner Devas hieraus sehr bald den Eindruck, daß er nicht durch dick und dünn von deutscher Seite gestützt würde. Zudem hatte er als Nordalbaner in Altalbanien keinen allzu großen Widerhall gefunden. Sein scharfes Durchgreifen wurde dem Durchschnittsalbaner, welchem Ordnung und Staatsräson von Natur fremd und verhasst sind, äußerst unbequem. Daher gewannen alle offenen und versteckten Gegner Devas im Laufe des Frühjahrs und Sommers neuen Auftrieb. So verschwand dann die wertvollste Schachfigur im deutschen Spiel im Hochsommer vom Brett.

Devas Versuche, in seiner Heimat eine nationale deutschfreundliche Volksbewegung ins Leben zu rufen, blieben mit Rücksicht auf die zwischenzeitlich eingetretene abgleitende Entwicklung ohne praktischen Erfolg.

Ibrahim Biçakçiu (1905-1977).


Ibrahim Biçakçiu (1905-1977).



Ibrahim Biçakçiu (1905-1977).

Ministerpräsident Bichaku

Genannt sei schließlich noch der letzte Ministerpräsident Bichaku [Biçakçiu], persönlich ein einwandfreier Deutschfreund, aber politisch vollkommen unfähig und instinktlos. Er blieb trotz aller deutschen Warnungen im Lande und ist von den Kommunisten erschossen worden.

Parlament

Das Parlament übte keinen erkennbaren Einfluß positiver Art auf die Geschicke des Landes aus. Nur einige Male bemühte es sich, störend in den Gang der Dinge einzugreifen.

Albanische Parteien

Die Parteien dagegen beeinflußten nicht unerheblich die innenpolitische Entwicklung.

Nationale

Die Nationalen, ein Sammelbegriff, unter dem die regierungs- und meist deutschfreundlichen Elemente verschiedenster Schattierungen zusammengefaßt wurden, kamen nie zu irgendwelchem organisatorischen Zusammenschluß. Sie waren daher, zumal sie unter sich vielfaltig uneins waren, als Partei kein irgendwie brauchbarer Anknüpfungspunkt für die deutsche Politik.

Ballisten

Die Ballisten, die zu Beginn die ausschlaggebende politisch rührigste Partei zu werden versprachen, konnten sich zu einer eindeutigen Stellungnahme zwischen englischer und deutscher Sympathie nicht durchringen. Anfangs in Kampfstellung gegen die Banden, neigte zwar der Großteil der Gefolgschaft zu Deutschland, während die Führersippe sich von vornherein als die Schildhalter Englands fühlte. Als späterhin das Zurückweichen Englands vor Rußland im Balkan immer augenscheinlicher wurde, verloren die Ballisten bis zum Hochsommer 1944 fast gänzlich ihren Einfluß, sodaß sie zu Beginn des Herbstes als praktisch erledigt angesehen werden können.

Abas Kupi (Foto: David Smiley, 1943).

Abas Kupi (Foto: David Smiley, 1943).



Abas Kupi (Foto: David Smiley, 1943)

Zogisten

Die Zogisten fanden ihren festen Kristallisations-punkt um Abbas Kupi, einem Parteigänger Zogus, der auch in italienischer Zeit stets in Kampfstellung abseits gestanden und es verstanden hatte, sich eine für albanische Verhältnisse starke und auch verhältnismäßig wohlgeordnete militärische Hausmacht zu erhalten. Die Zogisten schienen im Sommer 1944 die Nutznießer des Zerfalles der Ballisten zu werden und im Begriffe, die ausschlaggebende Strömung in den albanischen Wirren zu bilden. Ihrem Erstarken kamen die unleugbar weitgehenden Zuneigungen, die Zogu im Lande hinterlassen hatte, zugute, da die breite Masse der Ansicht war, daß trotz aller Mängel die halb despotische, halb moderne Regierungsweise König Zogus das einzig mögliche für Albanien sei. Abbas Kupi verscherzte aber alle seine Aussichten dadurch, daß er sich nie zu einer eindeutigen Stellungnahme in dem Kampf zwischen Deutschen und Kommunisten entschließen konnte. Er versuchte es in echt albanischer Weise, sich zu beiden Parteien zu stellen und dabei nach Möglichkeit beide zu betrügen. Durch diese Politik der Halbheiten brachte er sich letzten Endes in eine Lage hinein, daß er bei der Räumung ohne jeglichen Einfluß war und angeblich nach Italien flüchten mußte.

Mehmet Shehu (1913-1981).

Mehmet Shehu (1913-1981).



Mehmet Shehu (1913-1981).
Kommunisten

Der Nutznießer dieser Gesamtentwicklung war der Kommunismus. Den wenigen Drahtziehern russischer Schule, vor allem Mehmet Chehu, einem befähigten militärischen Führer von anerkannten Qualitäten, aber rein sowjetisch eingestellt, gelang es schon in der ersten Hälfte des Jahres, die Bandenbewegung zu entnationalisieren und immer mehr rein sowjetisch auszurichten. Bezeichnend für diese Entwicklung ist es, daß schon zu Beginn des Sommers die neben Hammer und Sichel noch geführte albanische rote Skanderbeg-Flagge in der damals errichteten sogenannten Sowjetrepublik in Südalbanien verbrannt wurde. Da diese einseitige Ausrichtung auf Sowjetrußland zunächst großen Staub aufwirbelte, änderten die Kommunisten geschmeidig nach außen hin ihren Kurs und führten in der Folgezeit den Kampf unter den bestechenden Parolen, „Kampf gegen den fremden Eindringling“ und „Zeitgemäße soziale Reformen“ weiter. Da sie den Bauern freies Eigentum ihrer Höfe, dem ziemlich zahlreichen geistigen Proletariat, vor allem der Lehrerschaft, Lebensgrundlagen und Einfluss, dem Armen, die Güter der Reichen und der in erstarrter Tradition eingezwängten Jugend geschlechtliche Freiheit versprachen, liefen ihnen die Anhänger in hellen Scharen zu. Weil zudem erfahrungsgemäß jede revolutionäre Bewegung die Aktivisten des Landes anzieht, verfügte die kommunistische Bewegung zu Beginn des Herbstes, als der offene Kampf mit der deutschen Wehrmacht unausbleiblich war, über eine straff geführte und ihrer Zusammensetzung nach gefährliche Gefolgschaft, die auf jeden Fall zum allgemeinen Kampf und Aufstand entschlossen war.

Haben diese teils freundliche teils feindliche Gewalten sich aber bis zum Herbst noch gegenseitig die Waage gehalten, fand die deutsche Politik zwei feste Aktivposten vor, die brauchbare Anknüpfungspunkte für eine Beeinflussung der Entwicklung boten.

Albanische Sympathien für Deutschland

Einmal wurde aus Vorkriegszeiten und auch aus dem Weltkriege her eine erstaunlich weitverbreitete Neigung zu Groß-Deutschland angetroffen, die der Geschicklichkeit der österreichisch-ungarischen Albanienpolitik in Frieden und Krieg, auf deren Konto dies zu buchen war, das beste Zeugnis ausstellte. Zwar hat Italien trotz seines Bündnisses mit Deutschland alles getan, um diese Fäden zu zerschneiden, aber die ehrliche Zuneigung zu Deutschland war höchstens überschüttet, nicht ausgelöscht worden.

Deutschland als einziger uneigennütziger Verbündeter Albaniens

Zum anderen ließ die außenpolitische Lage Albaniens im Balkan Deutschland allen einsichtigen politischen Kreisen als den einzig möglichen uneigennützigen Verbündeten und Beschützer erscheinen. Infolge der deutschen Eroberung des Balkans war die Schaffung Groß-Albaniens durch Hinzutritt des fruchtbaren Kosovo-Gebietes ermöglicht worden. Erst durch dieses Heimkehr Kosovos erhielt der Staat eine halbwegs tragbare wirtschaftliche Grundlage, welche es ermöglichte, ein eigenstaatliches Leben ohne dauernde Abhängigkeit vom Auslande zu fristen. Jedem halbwegs klar Denkenden mußte es unzweifelhaft sein, daß diese Ordnung nur dann von Dauer sein konnte, wenn Deutschland die ausschlaggebende Macht auf dem Balkan blieb. Denn das serbische Volk würde sich niemals freiwillig in den Verlust des reichen Amselfeldes fügen.

Albaniens Stellung zu den anderen auswärtigen Mächten

Albanien ist nun zusammen mit Griechenland der einzig nichtslawische Staat auf dem Balkan. Gegenüber jedem slawischen Zusammenschluß im Südosten muß es also auf jeden Fall in eine hoffnungslose Lage kommen. Um diesem übermäßigen völkischen Druck standhalten zu können, konnte es nach dem Zusammenbruch Italiens niemals wieder wie zu Beginn König Zogus auf eine Rückendeckung aus dem Westen der Adria hoffen. Bei einer Auseinandersetzung mit dem groß-serbischen Block Schutz von England, Amerika oder gar Rußland zu erwarten, war eitler Wahn. Rußland fiel als slawische Großmacht von vorherein aus, da die russische Politik auf dem Balkan sich immer mehr ausgesprochener panslawischer Tendenzen und Erinnerungen bediente. England ließ bei allen schönen Versprechungen und bei aller Förderung der albanischen Banden durch Gold und Waffen aber deutlich genug erkennen, daß es doch ernstlich eine aktive Balkanpolitik nur mit einem groß-serbischen Staat für möglich hielt. Für Amerika blieb Albanien bestenfalls ein interessanter Operettenstaat im fernen, alten Europa, dessen Ölvorkommen viel zu gering war, um irgendwelches aktive Eingreifen in die Geschicke des Landes zu rechtfertigen.

Die Türkei als letzter auswärtiger Staat, welcher für eine außenpolitische Spekulation in Frage kam, und zu der starke innere Bindungen aus einer jahrhundertelangen gemeinsamen Geschichte fortbestanden, war zu ohnmächtig und kämpfte selbst verzweifelt, um nicht in den Strudel des Krieges hereingezogen zu werden, als daß von ihr mehr als platonische Sympathiekundgebungen zu erwarten gewesen wären.

Da nun der gebildete Albaner eine ebenso ausgeprägte Neigung und auch Fähigkeit besitzt, Probleme der großen Politik und Diplomatie zu erkennen und richtig durchzudenken, wie er unfruchtbar ist, nüchterne Verwaltungs- und Aufbauarbeit im eigenen Lande zu leisten, stellte die oben skizzierte außenpolitische Lage einen durchaus lebendigen Faktor zugunsten der deutschen Politik dar.

Mangelnde Einheitlichkeit der deutschen Albanienpolitik

Die deutsche Albanienpolitik litt aber in ihrer praktischen Schlagkraft in erster Linie daran, daß sie nicht einheitlich geführt war, es daher vielfach an einer klaren Zuständigkeitsabgrenzung fehlte, und somit ein einheitlicher Kurs über die Behandlung der akuten Fragen nicht immer in erwünschter Weise zu erzielen war.

Die Albaner erkannten mit feinem Spürsinn diesen Mangel einer einheitlichen Ausrichtung der deutschen Politik. Daher versuchten sie in echt balkanischer Art und nicht ohne Geschick diese Zwiespältigkeit im deutschen Lager für ihre Zwecke auszunutzen. Wo die eine Dienststelle sich ihren Wünschen nicht gefügig zeigte, suchte sie ihre Anliegen bei einer anderen durchzusetzen. Dabei zeigte sie eine bemerkenswerte Fähigkeit darin, eine deutsche Dienststelle gegen die andere auszuspielen und wenn möglich gegen einander aufzuhetzen. Daß bei diesen Erscheinungen die Schlagkraft der deutschen Beeinflussung der Dinge litt, liegt auf der Hand. Der DGA kam bei diesem Spiel auf die Dauer immer mehr ins Hintertreffen.

Der äußere Ablauf der Dinge blieb bis etwa Anfang August 1944 scheinbar ruhig, obwohl sich schon damals für den tiefer Schauenden die breiten Risse und Spaltungen im Gefüge des Staatswesens immer deutlicher abzeichneten.

Antipartisaneneinheit in Albanien, Herbst 1943.

Antipartisaneneinheit in Albanien, Herbst 1943.



Antipartisaneneinheit in
Albanien, Herbst 1943.

Entwicklung seit Herbst 1944

Den ersten Anstoß zu der dann einsetzenden abgleitenden Bewegung, die wie eine Lawine immer schneller in ihrem zerstörenden Lauf wurde, gab der Abfall der Türkei. Die Haltung der Türkei, zu der immer noch starke innere Bindungen bestanden, war das Barometer für die Einstellung Albaniens zum Kriegsgeschehen. Als daher die Türken eindeutig zur Gegenseite einschwenkten, war der Nährboden für einen restlosen Abfall aller schwankenden Gestalten und Bewegungen bestens vorbereitet.

Die Kapitulation Bulgariens, die die kriegerischen Ereignisse direkt an die Grenzen des Landes herantrugen, gab dem Niedergang neuen Antrieb. Wenn auch zunächst nationalistische Wünsche und Bestrebungen bezüglich der Grenzgebiete aufflackerten, die naturgemäß antibolschewistisch sein mußten, so zeitigte doch sehr bald das militärische Unvermögen Deutschlands, die Dinge im bulgarischen Großraum irgendwie zu meistern, ein eindeutiges Umschwenken in das kommunistische Fahrwasser. Rein machtmäßig erhielten die Banden in den Grenzgebieten starken materiellen Zuwachs durch schlagkräftige bulgarische Freischärler, die nun nicht mehr durch das reguläre Militär gebunden waren.

Eine weitere Schwächung der deutschen Position wurde durch den Abzug zahlreicher relativ kampfkräftiger Einheiten an die bulgarisch-russische Front verursacht, sodaß im September die immer schnellere Zuspitzung der Lage in Richtung eines allgemeinen Aufstandes und einer endgültigen Abschließung Albaniens sich deutlich abzeichnete.

Schließlich war die allgemeine militärische Großlage Deutschlands – Durchbruch der Alliierten im Westen, Abfall sämtlicher Verbündeter, russischer Vormarsch im Osten – das stärkste Argument aller deutschlandfeindlichen Strömungen, dem gegenüber der Einsatz der V-Waffen auf die Dauer kein Gegengewicht bilden konnte. Dieser Entwicklung kam die damalige Bandenlage in Albanien entgegen. Durch ein Großunternehmen im Süden Albaniens war zwar räumlich die sogenannte Sowjetrepublik im Raum Agirokastro-Erseke zerschlagen, die kampfkräftigen Banden Mehmut Chegus aber nicht vernichtet, sondern nur zum Ausweichen nach Mittel- und Nordalbanien veranlaßt worden. Diese Entwicklung bedingte schlagartig eine Gefährdung dieser bisher relativ ruhigen Gebiete und führte zu einer Sperrung oder doch starken Beunruhigung der lebenswichtigen Straßen.

Bei der lebenswichtigen Bedeutung des Straßennetzes für Albanien bedeutete diese Abschnürung der Schlagadern des Verkehrs faktisch die Beherrschung des Landes durch die Banden mit Ausnahme der von deutschen Truppen gehaltenen Städte.

Ohnmacht der albanischen Regierung

Gegenüber dieser starken Stelle der Irregulären traten die Einwirkungsmöglichkeiten der offiziellen albanischen Regierung immer mehr in den Hintergrund und zwar in dem Maße, daß ab September die Regierung praktisch ohne jeden nennenswerten Einfluß war.

Versagen des albanischen Beamtenapparats

Genauso aktionsunfähig wie die Regierung zeigte sich auch der gesamte Beamtenapparat. Schon in ruhiger Zeit waren die Beamten durchgängig korrupt, arbeitsunwillig und unfähig. Bei fortschreitendem Zerfall traten diese Erscheinungen immer stärker in den Vordergrund. Im September war diese Entwicklung soweit gediehen, daß überhaupt nur noch etwa 10% der Beamten zum Dienst erschienen. Alle Versuche der Verwaltungsgruppe, hier einzuschreiten, scheiterten an der bis zum bitteren Ende eisern durch Neubacher festgehaltenen Fiktion des „Unabhängigen freien Albanien“.

Lediglich einige Provinzbeamte machten eine rühmliche Ausnahme von dieser allgemeinen Lethargie. Sie setzten den roten und weißen Terror entgegen, wobei sie allerdings auf die tatkräftige Rückendeckung verantwortungsfreudiger deutscher Platzkommandanten angewiesen waren. In erste Linie sind hier die Präfekten von Valona, Vizdan Resalia, und Durazzo, Mahmut Chela [Cela] und der Polizeichef von Skutari, Hasan Issufi, zu nennen. Sie haben durch rücksichtsloses Einschreiten eine relative Ruhe in ihrem Machtbereich geschaffen und damit den Beweis erbracht, daß die letzten Endes halbwilden Albaner in unruhigen Zeitläufen nur durch Furcht und Schrecken zu regieren sind, und daß daher zumindest in diesem Zeitpunkt die Politik des tatenlosen Zuwartens nicht mehr richtig war.

Ausfall der landeseigenen Exekutive

In noch größerem Maße wie die Beamtenschaft versagte in dieser Krise die landeseigene Exekutive. Schon Ende Juli mußte die Aufbauarbeit an der albanischen Gendarmerie als praktisch undurchführbar eingestellt werden. Sämtliche landeseigenen Verbände versagten restlos im Einsatz oder liefen nach Hause; in vielen Fällen gingen sie mit ihrer deutschen Bewaffnung zu den Banden über. Abschließend hat die Tatsache, daß bei den Rückzugskämpfen ebenso viele deutsche Waffen auf der Gegenseite schossen wie auf deutscher, ein eindeutiges Werturteil über die in Albanien befolgte Politik der Be- statt Entwaffnung der Bevölkerung gefällt.

Räumung Südalbaniens

Etwa ab September spitzte sich die Lage immer mehr zu. Da Südalbanien in diesem Zeitpunkt für einen Rückmarsch der Griechenlandtruppe nicht mehr in Aussicht genommen war, wurde es nach und nach geräumt und war bis zum 17. Oktober bis zur Linie Kavaya-Berat von den deutschen Truppen verlassen.

Lage in der Hauptstadt

Wenn es hier noch möglich war, die Truppen, wenn auch unter Kämpfen, planmäßig herauszulösen, so kamen die vorhandenen Spannungen in Tirana zur vollen Entladung. Die Hauptstadt übte schon seit Ende August ersichtlich eine magnetische Anziehungskraft auf alle kampfkräftigen Banden aus. Hier mußte ihnen ein müheloser Erfolg um so eher zu winken scheinen, als gerade in der Metropole die Desorganisation der albanischen Behörden besonders augenscheinlich war. Alle leitenden albanischen Posten waren dringend neu zu besetzen. Der Präfekt Muletti, eine durchaus unzuverlässige Gestalt, hatte bereits seinen Posten verlassen und war nach Deutschland geflohen. Sein Vertreter Pekmesi wurde schon damals von Kennern als Kommunist abgelehnt. Er ist auch später während der Einschließung Tiranas zu den Banden übergelaufen. Ebenso war der Posten des Oberbürgermeisters von Tirana nach der Flucht Fortuzzis in das feindbesetzte Italien mit einem gänzlich unfähigen Vertreter besetzt. Um hier einigermaßen Ordnung zu schaffen, wurde durch die Verwaltungsgruppe vorgeschlagen, Präfekten- und Oberbürgermeisterposten in einer Hand zu vereinigen und den frei gewordenen Präfekten von Valona, welcher zudem über eine kampfkräftige eigene Truppe von etwa 500 Mann, die erfolgreich in Valona den kommunistischen Terror bekämpft hatten, verfügte, mit diesem Posten zu betrauen. Für den Fall, daß Resilia ausfiel, wurde als zweite geeignete Person der Präfekt von Durazzo, Mahmut Chela, in Vorschlag gebracht. Sämtliche Vorschläge wurden von Gstöttenbauer aus diesseits nicht bekannt gewordenen Gründen dilatorisch behandelt und damit praktisch zum Scheitern gebracht. Statt dessen wurde von Gstöttenbauer in Verbindung mit Gruppenführer Fitzthum ein dreiköpfiges Verteidigungskomitee für Tirana vorgesehen, General von Myrdatsch, Pekmesi und der Direktor der albanischen Sicherheitspolizei. Leider hat dieses Gremium bei der bald darauf erfolgten Einschließung Tiranas keine ersprießliche Tätigkeit entfalten können, da der über 70 Jahre alte General von Myrdatsch sofort von den Banden gefangengenommen wurde, der Leiter des Sicherheitspolizei sich zu dieser Zeit bereits nach Skutari in Sicherheit gebracht hatte, Pekmesi aber, nachdem er genügend über die deutschen Stelllungen, Stärke und Taktik in Erfahrung gebracht hatte, zu den Banden überlief.

Vor dem Aufstand in Tirana hatte am 27. Oktober der Korpsstab im Zuge der allgemeinen Absetzbewegung Tirana verlassen und war nach Skutari gegangen.

Albanisches Kabinett unter Mehdi Frashëri, Oktober 1943.

Albanisches Kabinett unter Mehdi Frashëri, Oktober 1943.



Albanisches Kabinett unter
Mehdi Frashëri, Oktober 1943.

Erzwungener Rücktritt der Regierung und des Regentschaftsrates

Am Tage vorher war auf Verlangen des Vertreters des Sonderbevollmächtigten des Auswärtigen Amtes der Rücktritt der Regierung Bechaku [Biçakçiu] und des Regentschaftsrates durch den Chef des Stabes des XXI. Geb. A.K.s erzwungen worden. Die Durchführung dieser Maßnahmen erfolgte ohne Hinzuziehung des Leiters der Verwaltungsabteilung. Für diesen politischen Akt, der der bisherigen Politik, die Neutralität Albaniens zu respektieren, absolut entgegensteht, in der Art der Durchführung völkerrechtlich zum mindesten bedenklich war und in seinen praktischen Folgen nur das Chaos in Tirana und Mittelalbanien beschleunigte, trägt also die Verwaltungsgruppe keinerlei Mitverantwortung. In der Form wurde dieser immerhin bedeutsame politische Schritt, der einen endgültigen Strich unter die gesamte deutsche Albanienpolitik setzte, in so sorgloser Weise vorgenommen, daß die offizielle albanische Rücktrittsurkunde des Regentschaftsrates nicht einmal von einem deutschen Dolmetscher übersetzt wurde. Man begnügte sich vielmehr mit einer von Frasheri jun. angefertigten deutschen Übertragung. Vehbi Frasheri erklärte selbst anläßlich des Rückmarsches, daß der albanische Originaltext in dem maßgeblichen Passus absolut mehrdeutig gewesen sei; er habe aber bei der Übersetzung eine derartige Fassung gewählt, daß die deutschen Stellen hätten annehmen müssen, der Regentschaftsrat habe sich widerstandlos den deutschen Forderungen gefügt. Tatsächlich lasse aber der Originaltext dem Regentschaftsrat für die Zukunft noch alle Möglichkeiten offen, da ein Rücktritt in der albanischen Fassung nicht eindeutig ausgesprochen sei.

Nach der Auflösung der Regierungsgewalt war mit dem 27. Oktober praktisch das Ende jeder friedlichen Tätigkeit in Altalbanien gekommen. Die Folgezeit kann man nur unter dem Gesichtspunkt eines tatsächlichen bestehenden Kriegszustandes in den Gebieten südlich Skutari betrachten. Die militärische Lage zu diesem Zeitpunkt ist in einem Sonderbericht niedergelegt.

Kämpfe in Tirana

Am 30. / 31. Oktober 1944 erfolgte ein allgemeiner Bandenangriff auf Tirana. In zwanzigtägigen Straßenkämpfen wurde die Hauptstadt zum großen Teil zerstört. Diese dramatische Zuspitzung war nach diesseitiger Überzeugung nicht unter allen Umständen notwendig. Hätten die verantwortlichen Stellen die Auflösung aller albanischen Behörden nicht aus theoretischen Erwägungen heraus tatenlos zugesehen, ja sie durch Zerschlagung der Regierung noch gefördert, so dürfte es möglich gewesen sein, diese böse Lage zu vermeiden. Die Verwaltungsgruppe hat stets darauf hingewiesen, daß ein Gemeinwesen ohne Führung und Organisation naturnotwendig anarchisch werden muß.

Das weitere Absetzen aus dem albanischen Raum vollzog sich ohne größere Kämpfe. Endgültig verließen am 4. Dezember 1944 die letzten deutschen Truppen das Land.

Verwaltungsarbeit bei den Absetzbewegungen

Die Verwaltungsarbeit in dieser Zeitspanne stand naturgemäß ausgesprochen unter dem Eindruck der herrschenden Kampfzustände. Wenn trotzdem die Arbeit fortgesetzt wurde und zwar auf ausdrücklichen Wunsch der Truppe, so mußten hier andere Maßstäbe an die Methoden und Erfolge gelegt werden, wie unter stabilen Verhältnissen.

Die Verwaltung hatte jetzt keine Veranlassung mehr, sich an den Begriff der Neutralität des Landes zu halten. Sie konnte und mußte mit eigenen Mitteln dort eingreifen, wo es die deutschen Belange erforderten. Ihre Zielsetzung war jetzt auch nicht mehr die Ordnung der Verhältnisse des Landes in dessen Interesse sondern ausschließlich möglichste Ruhighaltung der Bevölkerung, damit deutsches Blut beim Rückmarsch nicht unnötig geopfert zu werden brauchte.

Die verwaltungsmäßigen Möglichkeiten in dieser Richtung lagen in der ruhigen Fortführung der laufenden Tagesgeschäfte: Abwicklung von Entschädigungsansprüchen, Weiterbetreuung der notwendigsten Betriebe, u. dgl., noch mehr aber in der dauernden Beeinflussung der nichtkommunistischen einflußreichen Albaner mit der Zielsetzung, diese zu veranlassen, die Bevölkerung so lange wie möglich ruhig zu halten.

Inwieweit die Fortführung der Verwaltungsarbeit dazu beigetragen hat, daß die Loslösung aus dem Raum Skutari im wesentlichen ohne größere Kämpfe möglich war, kann nicht im einzelnen beurteilt werden. Die Kampftruppe selbst zeigte ihre Einschätzung dieser Verwaltungstätigkeit aber dadurch, daß sie ausdrücklich Wert darauf legte, daß ein Verwaltungsbeamter erst mit der letzten Truppe das Land verließ.

Grab des Mehdi Frashëri in Rom (Foto: Robert Elsie, März 2011).

Grab des Mehdi Frashëri in Rom (Foto: Robert Elsie, März 2011).



Grab des Mehdi Frashëri in Rom
(Foto: Robert Elsie, März 2011).

Flucht der nichtkommunistischen Politiker

Mit der deutsche Truppe und schon vorher verließen fast sämtliche nichtkommunistischen albanischen Politiker das Land. Diejenigen Personen, an denen deutscherseits kein Interesse bestand, wurde es ermöglicht, von Bar aus mit Barken sich nach Korfu oder nach Italien auf eigene Gefahr einzuschiffen. Diejenigen aber, die sich entweder in deutschen Diensten exponiert hatten, oder bei denen ein Interesse bestand, daß sie nicht im Dienste der Feindmächte wieder eingesetzt würden, insbesondere Frasheri Vater und Sohn, gingen in einem von Oberrat Mellin zusammengestellten Transport mit der Truppe zurück. In Sarajevo wurden sie von einem Auffangstab der SS gesammelt und ins Reich weitergeleitet.

Diese fast allgemeine Auswanderung läßt interessante Rückschlüsse auf die wahre Natur der Bandenbewegung in Albanien zu. Die äußere Entwicklung der Dinge in Albanien könnte den Eindruck erwecken, hier habe England den maßgeblichen Einfluß auf die Weiterentwicklung in die Hand nehmen können. Denn bei den albanischen Banden waren nur anglo-amerikanische Stäbe, und die bekannt gewordene Entsendung von Badoglio-Truppen spricht äußerlich ebenfalls für eine englische Interessensphäre.

Russischer Einfluß in Albanien

Im Gegensatz hierzu schätzten aber sämtliche albanischen Politiker den unterirdischen russisch-bolschewistischen Einfluß wesentlich stärker ein. Mit ganz wenigen Ausnahmen hatten sie nach wie vor gute Verbindungen zu den Westmächten. Hätten sie aber nur einiges Vertrauen zu dem englischen Einfluß haben können, so würden sie niemals das Land verlassen haben. Nach ihrer Ansicht wird Albanien vollkommen in russisches Fahrwasser abgleiten. Da gerade die Albaner ein feines Gefühl für die wahren Unterströmungen sowohl der inneren wie der äußeren Politik bewiesen haben, dürfte die allgemeine Auswanderung ein interessantes Schlaglicht auf das vordringen Rußlands zur Adria werfen.

Kommunistische Partisanen in Përmet, Mai 1944.

Kommunistische Partisanen in Përmet, Mai 1944.



Kommunistische Partisanen
in Përmet, Mai 1944.

Voraussichtliche Weiterentwicklung in Albanien

Eine Prognose über die politische Weiterentwicklung in Albanien läßt sich nur sehr schwer stellen. Jedoch dürften die zu erwartenden Schwierigkeiten wirtschaftlicher Art die angeborene antistaatliche Einstellung des Albaners und die Unmöglichkeit der jetzigen Machthaber, auch nur einen bescheidenen Prozentsatz ihrer Versprechungen zu erfüllen, schon mit Beginn des Frühjahrs die nötige Anzahl Albaner in die Berge getrieben haben, sodaß das Bandenunwesen mit umgekehrten Vorzeichen wieder seinen Anfang nehmen dürfte.

Abschließend sollte die Episode Albaniens unter deutscher Besatzung den schlüssigen Beweis geliefert haben, daß das albanische Volk noch längst nicht reif ist, sich selbst zu regieren. Nur wenn eine starke und gerechte auswärtige Macht in uneigennütziger Weise noch mindestens ein Lebensalter die Geschicke des Landes lenkt und seine Bewohner langsam zu eigenstaatlicher Selbständigkeit erzieht, kann das an sich schöne und auch in gewisser Weise zukunftsreiche Land davor bewahrt blieben, sich in dauernden inneren Kämpfen bis zur völligen völkischen Vernichtung selber zu zerfleischen.

 

III. AUFGABEN DER VERWALTUNG

Der Aufgabenkreis der deutschen Verwaltung war in dem neutralen Staat Albanien naturgemäß anders gelagert als in den besetzten Ländern, da die ‚Arbeit‘ sich grundsätzlich auf diejenigen Gebiete zu beschränken hatte, wo unmittelbare deutsche Wehrmachtsbelange in Frage kamen. Im übrigen sollte theoretisch wenigstens der albanische Verwaltungsapparat arbeiten. Bei der Unfähigkeit der landeseigenen Behörden ließ sich diese Selbstbeschränkung nicht in allen Fällen aufrechterhalten.

a) Innere Verwaltung

Aufbau der albanischen Verwaltung

In dem neutralen Staat hätte die innere Verwaltung vollkommen Angelegenheit der landeseigenen Behörden sein sollen.
Die Gliederung der albanischen Verwaltung war in ihrem Aufbau modern. Sie erstreckte sich vom Innenministerium über die Präfekturen (Provinzialbehörden) auf die Stadt- und Landbürgermeistereien. In gleicher Weise von oben nach unten war die Exekutive, Gendarmerie und Polizei organisiert.

Neben dieser nach westlichem Muster aufgezogenen Hierarchie bestanden als ursprünglich gewachsene Einrichtungen bei der Ackerbau betreibenden Bevölkerung das Amt der teils gewählten, teils erblichen Dorfältesten fort, bei den hauptsächlich von Viehzucht lebenden und noch halb nomadenhaften Bergstämmen der Häuptling und Oberhäuptling (Bairaktar und Oberbairaktar). Der Einfluß dieser fest im Volksbewußtsein verankerten Einrichtung ist leider von den deutschen Stellen in demselben Maße verkannt worden, wie man dazu neigte, der Zentralregierung eine übertriebene Bedeutung beizumessen.

Einflußlosigkeit der albanischen Zentralverwaltung

Der Einfluß der Regierung in der inneren Verwaltung ging eigentlich niemals weiter als das Land von der deutschen Besatzung kontrolliert wurde, reichte also praktisch kaum über die Städte hinaus. Dieses hatte seinen weiteren Grund darin, daß die westlich aufgezogene Behördenorganisation noch keine festen Wurzeln im Volk geschaffen hatte, und zudem der Großteil der Beamten bestenfalls unfähig, häufig aber auch politisch unzuverlässig war. Die vorsichtigen Einwirkungsversuche der deutschen Zentralstellen, die sich von der modernen Fassade Tiranas blenden ließen, beschränkten sich daher im wesentlichen auf Interventionen beim Ministerium und hatten nur sehr bescheidenen Erfolg. Hier erhielt man zwar stets alle möglichen schönen Versprechungen, die Ausführung aber unterblieb in der Praxis in den meisten Fällen.

Bedeutung der Provinzialbehörden

Schon wesentlich eher ließen sich positive Ergebnisse bei den Präfekten erzielen, da diese doch schon engere Fühlung zum Volke hatten. Da die Platz- bzw. Ortskommandanturen die einzigen deutschen Verwaltungsdienststellen in den Provinzen waren und räumlich mit den Präfektursitzen in den Provinzen zusammenfielen, wäre hier die gegebene Einrichtung für eine unauffällige stärkere Beeinflussung der albanischen Verwaltung gewesen. Gerade die Dienststelle des Auswärtigen Amtes zeigte aber hier eine schwer verständliche Zurückhaltung und entschloß sich daher nach Lage der Dinge vielleicht mehr wie sachlich nützlich war zur ausschließlichen Zusammenarbeit mit den Albanern.

Bei der Bedeutung der Präfekten für die Ruhe und Sicherheit des Landes wäre es zum mindesten vordringlich gewesen, maßgeblichen Einfluß auf die Besetzung gerade dieser Schlüsselstellungen zu gewinnen. Leider legte man sich auch hier in allzu korrekter Wahrung der Neutralität des Landes eine Zurückhaltung auf, die nicht immer mit den deutschen Interessen in Einklang stand. Daß diese Einschätzung des Gewichtes der Provinzbehörden nicht blasse Theorie ist, hat die Praxis bewiesen. Dort, wo tatkräftige Präfekten den Kommunisten energischen Widerstand entgegensetzten, herrscht relative Ruhe.

Änderungsvorschläge der Verwaltungsgruppe

In klarer Erkenntnis dieser Verhältnisse schlug die Verwaltungsgruppe im September 1944 Oberführer Gstöttenbauer, welcher zur damaligen Zeit die gesamten Fäden in seiner Hand vereinigte, wiederholt und dringend vor, nunmehr stärker in die innere Verwaltung einzugreifen, da ein weiteres Abwarten nicht mehr vertretbar erschien. Es wurde angeregt, unter praktischer Ausschaltung der unfähigen Zentralregierung das Schwergewicht über die Orts- bzw. Platzkommandanturen auf die Präfekten zu verlagern, und darüber hinaus den Versuch durch alle nur möglichen Kanäle zu unternehmen, direkten Einfluß auf die Ortsältesten und Bairaktare zu gewinnen.

Dieses Experiment, auch ohne Verhängung des Ausnahmezustandes eine getarnte deutsche Verwaltung aufzuziehen, schien in der gegebenen Situation der einzig mögliche Weg, um noch irgendwelchen deutschen Einfluß auf dem Umweg über albanische Behörden und Einrichtungen auf den Ablauf der Dinge zu bekommen. Diese Vorschläge fanden jedoch keine Billigung des Oberführer Gstöttenbauer, da trotz der ins einzelne gehenden Vorarbeiten der Verwaltungsgruppe praktisch alles beim alten blieb. Ihren inneren Grund dürfte die ablehnende Haltung Gstöttenbauers darin finden, daß auch damals noch an der Fiktion der Neutralität des unabhängigen Albaniens festgehalten wurde.

Vorarbeiten zur Verhängung des Ausnahmezustandes

In Einzelfragen mußte sich die Verwaltungsgruppe theoretisch mit der inneren Verwaltung beschäftigen, als sie zu Beginn des Sommers auf Anregung des Kommandierenden Generals des XXI. Geb. A.K.s die verwaltungsmäßigen Vorarbeiten zur Verhängung des Ausnahmezustandes zu leisten hatte. Die entsprechenden Verordnungen und Bekanntmachungen wurden vorbereitet und vervielfältigt. Zur praktischen Auswirkung kamen die vorgesehenen Maßnahmen aber nicht mehr, da der allgemeine Aufstand gegen die Besatzung so plötzlich ausbrach, daß die Verhängung des Ausnahmezustandes nur noch eine leere Geste gewesen wäre.

Evakuierung der Küstengebiete im Frühjahr 1944

Dagegen sah sich die Verwaltung in einem Falle gezwungen, bestimmend in die inneren Verhältnisse des Landes einzugreifen, nämlich als sie zu Beginn des Frühjahrs 1944 auf Verlangen des Kommandierenden Generals die Räumung der Küstenlandschaft durchzuführen hatte. Das Korps vertrat die Ansicht, die Verteidigung nach See sei nur tauglich, wenn die gesamte Küste von der Bevölkerung leer gemacht würde. Die Räumung, die in engem Einvernehmen mit den Ministern Deva und Ago Agai durchgeführt wurde, sah drei Zonen vor. Ein kleinerer Bezirk direkt um Valona, um das bereits evakuierte Durazzo und an der Bogana-Mündung im Raume Skutari war kurzfristig und gänzlich zu räumen. Ein zweites Gebiet, das die dazwischenliegende gesamte Küstenlandschaft zur ungefähren Tiefe von etwa 15 km umfaßte, war mit längeren Fristen freizumachen. Hier sollte nach Möglichkeit unter gewissen Vorsichtsmaßnahmen die landwirtschaftliche Nutzung des Landes weiter gestattet werden. In der dritten Zone waren lediglich die Räumungsvorbereitungen für den Fall einer feindlichen Landung zu treffen.

Die Durchführung der Räumung war mit den zuständigen albanischen Ministerien so vereinbart, daß die Räumung als solche gemeinsame Aufgabe der deutschen und albanischen Stellen war, dagegen die Unterbringung der Evakuierten im Lande ausschließlich Sache der landeseigenen Verwaltung bleiben sollte.

Bei der praktischen Durchführung zeigte sich die albanische Unfähigkeit in Verwaltungssachen im grellsten Lichte. Die Räumung als solche klappte im Enderfolg nur deswegen, weil die deutschen Dienststellen alles selbst in die Hand nahmen. Die Betreuung und Unterbringung der Evakuierten blieb aber selbst trotzdem ein praktisch ungelöstes Problem, als die Verwaltung wegen des totalen Versagens der Albaner auch hier helfend einzugreifen versuchte. Da aber auch jede albanische Mithilfe fehlte, mußten alle eingeleiteten Hilfsmaßnahmen im Enderfolg wirkungslos bleiben.

In ihrer Auswirkung hat die Räumung das Land nicht unerheblich betroffen, denn es wurden gerade die landwirtschaftlich wertvollsten Gebiete Altalbaniens evakuiert und fielen damit trotz allen Entgegenkommens der Truppe bei Gestaltung der Saat und Ernte mehr oder minder wirtschaftlich aus. Zudem brachten die Zehntausende, die Durazzo und die Küstengebiete verlassen mußten, stärkste Unruhe ins Land, als die albanische Regierung sich als vollkommen unfähig erwies, hier irgendwie helfend oder lenkend einzugreifen. Mangels jeder Fürsorge dürfte ein erheblicher Prozentsatz der Evakuierten zu den Banden gegangen sein. Ob es unter Berücksichtigung der Folgen der Räumung diese zum mindesten in dem Umfange unter allen Umständen zweckmäßig war, entzieht sich um so mehr der diesseitigen Beurteilung, als die befürchtete Landung an der Küste nicht erfolgte.

Bahnlinie am Ohridsee (Foto: Centre for Albanian Studies, London).

Bahnlinie am Ohridsee (Foto: Centre for Albanian Studies, London).



Bahnlinie am Ohridsee (Foto: Centre
for Albanian Studies, London).

b) Verkehr

Altalbanien, das Land ohne Eisenbahn

Das Verkehrsproblem erhielt in Albanien sein besonderes Gepräge dadurch, daß das Land an sich sein Gesicht vollkommen dem Meer zugewandt hat und auf Grund seiner langen und mit ausreichenden Häfen versehenen Küste normalerweise weitgehendst auf den Schiffsverkehr angewiesen ist. Hieraus und aus der politischen Abhängigkeit zu Italien und der damit bedingten Abkehr vom eigentlichen Balkan erklärt es sich, daß die Eisenbahn in Albanien fast gar keine Rolle spielt. Abgesehen von einer unbedeutenden Schmalspurbahn von Struga über Tetovo nach Skopie, welche lediglich für die Chromerzgruben von Pogradec von einiger Bedeutung war, ist Albanien das Land ohne Eisenbahn. Die von den Italienern vorgesehenen und zum großen Teil im Rohbau fertige Eisenbahnlinie Tirana-Durazzo-Elbasan-Struga mit dem beabsichtigten Anschluß an die Nord-Südbalkanlinie wurde während der deutschen Besatzung nicht weiter ausgebaut, da ihre Bedeutung zweifelhaft und daher die aufzuwendende Energieleistung in keinem Verhältnis zu dem etwaigen Nutzeffekt gestanden hätte.

Lediglich das Kosovo-Gebiet wurde in einem Zipfel von der Bahnlinie Skopie-Kos. Mitrovica-Belgrad geschnitten. So groß die Bedeutung diese Bahn als einzige Schienenverbindung für den Nachschub und einen etwaigen Rückmarsch der Truppen hatte, so unbedeutend war sie für den inneralbanischen Verkehr.

Da der Seeverkehr ganz ausfiel, und natürliche oder künstliche Wasserstraßen mit Ausnahme der Bogana, des kurzen Abflusses des Skutari-Sees zur Adria, ganz fehlten, war der gesamte inneralbanische Verkehr auf die Straße und das Kfz angewiesen. Dieser Umstand erklärt es, daß das Transportproblem bei allen wirtschaftlichen Fragen die erste Rolle spielte. Gerade bei der Öl- und Chromerzförderung trat dieses besonders stark in Erscheinung.

Bedeutung der Landstraßen und des Kfz-Verkehrs

Die Träger des Fernverkehrs waren die in durchgängig gutem Zustand befindlichen großen, von den Italienern vorbildlich angelegten Kunststraßen. Der Nord-Südverkehr hatte die Küstenstraße Himara-Skutari über Durazzo-Valona und eine im Osten des Landes laufende Straße von Florina über Korça-Struga zum Kosovo-Gebiet zur Verfügung; der ost-Westverkehr lief entweder über die südliche Linie Bitolla-Struga-Elbasan-Tirana oder die nördlich von Uroševac über Prizren nach Skutari führende Straße.

Neben diesen Straßen erster Ordnung gab es noch eine Anzahl von befahrbaren Kunststraßen minderer Ordnung, von denen die Linie Elbasan-Pequin-Kavaya-Durazzo bei der Räumung dann eine lebenswichtige Bedeutung bekam, als die direkte Verbindung Elbassan-Tirana über den Krabapass in die Hand der Banditen gefallen war. Die Straße nach Devoli [Devoll] war wegen des Öltransportes ebenfalls von ausschlaggebender Wichtigkeit.

Im übrigen bewegte sich der Verkehr ins Innere noch wie in den ältesten Zeiten auf Saumpfaden im ursprünglichsten Zustande. Daher behielt in diesem Land, wo tiefstes Mittelalter und modernste Neuzeit sich in allen Lebenssphären übergangslos begegnete, neben dem LKW, Kom und Tourenwagen der Esel und das Tragtier einen großen Teil seiner eigentlichen Bedeutung als Transportmittel in unerschlossenen, unwegsamen Gegenden.

Diese eigenartigen Verhältnisse auf dem Verkehrssektor zusammen mit den durch die Sümpfe im Küstengebiet und die ziemlich paßlosen hohen Berge im Hinterland bewirkten Unwegsamkeiten, bedingten es, daß die Beherrschung und Freihaltung der großen Straßen zum Kernproblem der ganzen Besatzung wurden. Die Entwicklung der Kämpfe um die Straßenherrschaft ist schon vorne geschildert.

Verwaltungsmäßig gliederte sich das Verkehrsproblem in die eigentliche Straßenverwaltung und die Steuerung des Kfz-Verkehrs.

Straßenverwaltung

Nach einigem Hin- und Herexperimentieren wurde die Überwachung der Straßenunterhaltung in der Weise geregelt, daß das XXI. Geb. A.K. die strategisch wichtigen Durchgangsstraßen betreute; alle übrigen Verbindungen gehörten zur Zuständigkeit des DGA und damit der Verwaltungsgruppe. Das Korps hatte zur technischen Durchführung der Straßenarbeiten die in Albanien befindlichen OT-Einheiten zur Verfügung, während der DGA mit den landeseigenen Straßenbauverwaltungen auskommen mußte. Da diese aber nur dem zuständigen albanischen Ministerium unterstanden, und auch die Finanzierung dieser Arbeiten vereinbarungsgemäß landeseigene Angelegenheit war, hatte die Verwaltung hier eine wahre Sisyphusarbeit zu leisten. Die Durchführung auch der unbedeutendsten Arbeiten verlangte wochenlange Verhandlungen mit den zuständigen albanischen Stellen. Einmal fehlte es an Material, dann an Arbeitskräften und schließlich immer an dem notwendigen Geld. Alle Anregungen, hier durch Einführung von Hand- und Spanndiensten die nächstliegendste Auskunft zu schaffen, scheiterten an der albanischen Scheu vor jeder Arbeit, erst recht vor einer solchen, welche der Allgemeinheit diente.

Wenn es trotz aller dieser Hemmnisse gelang, wenigstens im großen und ganzen die notwendigen Arbeiten unter Dach und Fach zu bringen, so lag dieses daran, daß die eingesetzten italienischen Straßenbaufirmen als solche einwandfrei arbeiteten, und der albanische technische Ministerialdezernent, Hifzi Korça, einer der ganz wenigen Albaner war, der bei wirklicher Deutschfreundlichkeit auch eine für dortige Verhältnisse geradezu erstaunliche Fachkenntnis und Tatkraft bewies. Die Zusammenarbeit mit ihm ist daher eine der wenigen angenehmen Erinnerungen, die die Verwaltung auf diesem Gebiete aus Albanien mitnehmen konnte.

Abzug der OT, August 1944

Als im August 1944 die OT reichlich plötzlich das Land verließ, wurde auch die Betreuung der großen Durchgangsstraßen der Verwaltung übertragen. Die hierdurch an sich bedingte Mehrleistung war erträglich, da im Herbst mit Rücksicht auf die bald bevorstehende Räumung und die allgemeine Unsicherheit des Landes nur noch die allernotwendigsten Straßenerhaltungsarbeiten, wie die Instandsetzung zerstörter Brücken und Straßenstellen, durchgeführt wurden. Sehr bald verschärfte sich zudem die Lage so, daß auch diese Arbeiten mit zivilen Arbeitskräften und Firmen nicht mehr geleistet werden konnten, sodaß nur noch der Einsatz von deutschen Pionieren auf den eigentlichen Rückzugsstraßen übrigblieb.

Dagegen hinterließ die OT insoweit der Verwaltungsgruppe eine mißliche Erbschaft, als sie ohne jede Übergabe und ohne Regelung ihrer hohen Verbindlichkeiten bei Privatfirmen das Land verließ. Alle Gläubiger wandten sich nunmehr an die Verwaltung. sodaß sich diese vor die Notwendigkeit gestellt sah, ohne Unterlagen und Geld mit Millionenforderungen auseinandersetzen zu müssen. Soweit möglich, wurden die dringendsten Fälle in verständnisvollem Zusammenwirken mit dem Wehrmachtsintendanten reguliert. Im übrigen wurden, soweit es eben ging, die Forderungen wenigstens festgelegt. Jedoch ist damit zu rechnen, daß aus den OT-Schulden in späterer Zeit noch erhebliche und schwer zu überprüfende Forderungen gegen das Reich gestellt werden.

Brückensprengungen beim Rückzug

Bei der Räumung des Landes sah sich die Truppe gezwungen, einen Großteil der Brücken zu sprengen, um das Nachdrängen der Partisanen zu verhindern. Durch diese von den albanischen Freischärlern provozierte Kriegsnotwendigkeit dürfte das Land in seiner zukünftigen Entwicklung sehr schwer getroffen sein. Den Albanern wird es aus eigener Kraft niemals gelingen, die zum Teil sehr komplizierten Kunstbauten wieder zu erneuern. Bei der ausschlaggebenden Bedeutung der Straßen und des Verkehrs kann das Land in seiner modernen Entwicklung hindurch um Jahrzehnte zurückgeworfen werden.

Unbrauchbarmachung der Seehäfen

Einen genau so harten Schlag hat die Schiffahrt durch die in diesem Zusammenhang zu erwähnende Zerstörung der Häfen erlitten. Insbesondere die Sprengung der Mole von Durazzo, welche die Italiener in jahrelanger Arbeit kilometerweit ins Meer hinausgezogen und dadurch Durazzo zu einem durchaus modernen Hafen mit größter Leistungsfähigkeit ausgebaut hatten, wird nur dann ohne dauernde Folgen bleiben, wenn die zwischenstaatliche Vereinbarung, wonach Deutschland nach dem Kriege die Mole neu bauen wird, zum Zuge kommt.

Steuerung des Kfz-Verkehrs

Die Steuerung des Kfz-Verkehrs lag von Anfang an besonders im Argen. Das deutsche Interesse, hier einzugreifen, war aus zwei Gesichtspunkten gegeben:

1) war es bei der angespannten Treibstofflage nicht zu verantworten, daß in Albanien praktisch jeder mit seinem Kfz fuhr, wann und wie er wollte;

2) mußte bei dem ausgesprochenen Engpaß auf dem Transportsektor versucht werden, unter Vermeidung von Leerfahrten jede Tonne Laderaum zweckentsprechend für die Versorgung des Landes und der Truppe auszulasten.

Der Versuch der Verwaltung im Jahre 1943, das Problem der kriegsmäßigen Drosselung des Kfz-Verkehrs durch Zulassungsbeschränkungen nach deutschem Muster zu lösen, scheiterte, weil die Freigabe in die Hand der albanischen Gendarmerie gelegt wurde, wohingegen die deutsche Mitwirkung sich auf die Registrierung der zugelassenen Fahrzeuge und die Ausfertigung eines Genehmigungsvermerkes auf dieser sogenannten AI-Bescheinigung ohne sachliche Prüfung beschränkte. Die Übertragung der sachlichen Kontrolle auf die albanische Gendarmerie machte die ganze Maßnahme von vorne herein zu einem Schlag ins Wasser, denn diese sah hierin nur eine Möglichkeit, sich persönlich zu bereichern. Jeder, der den landesüblichen Backschisch bezahlte, bekam die Fahrterlaubnis.

Wenn trotzdem die Verwaltung ihre Mitwirkung bei dieser Farce nicht einstellte, so deswegen, weil auf diese Art und Weise brauchbare, karteimäßige Unterlagen für eine spätere schärfere Erfassung der Kfz erarbeitet werden konnten.

Im übrigen lag seit Dezember 1943 die Verkehrslenkung ausschließlich beim Beauftragten für Wirtschaft und Finanzen, der gerade hier betont seine alleinige Zuständigkeit in den Vordergrund stellte. Wenn trotzdem die Verwaltungsgruppe wiederholt mit Anregungen auf Abänderung des bestehenden Zustandes herantrat, so hatte dies seinen Grund darin, daß es bei der Verschärfung der Lage auf dem Treibstoffsektor als untragbar erschien, den inneralbanischen Kfz-Verkehr ohne wesentliche Einschränkungen weiterlaufen zu lassen.

Deutsche Truppen in Albanien im September 1943 (Foto: Bundesarchiv).


Deutsche Truppen in Albanien im September 1943 (Foto: Bundesarchiv).



Deutsche Truppen in Albanien
im September 1943
(Foto: Bundesarchiv).

Vorschläge der Verwaltung auf Einschränkung des Kfz-Verkehrs

Vorschläge, die Treibstoffzuteilung zu drosseln, wurden von dem Beauftragten für Wirtschaft und Finanzen mit dem Hinweis auf die vertraglichen Bindungen zur albanischen Regierung und darauf, daß angeblich nur lebenswichtige Fahrten aus diesem Kontingent gespeist würden, abgetan. Die Gegenvorstellungen der Verwaltung, daß nach ihren sicheren Informationen das offizielle Regierungskontingent zum Teil von den beteiligten albanischen Stellen verschoben und auf dem schwarzen Markt verkauft würden, wurden zurückgewiesen. Daher führten viele Versuche der Verwaltungsgruppe die kriegsmäßige Herabsetzung der Otto- und Dieselkontingente zu erreichen, erst dann zum Erfolg, als sich im Herbst 1944 das XXI. Geb. A.K. autoritativ einschaltete, und bald darauf der Beauftragte für Wirtschaft und Finanzen Tirana verließ, und damit die Verteilung des Treibstofffes an die Verwaltung überging. Durch rigorose Drosselung, ohne daß damit die lebenswichtigen Belange des zivilen Sektors getroffen wurden, war es jetzt der Verwaltung möglich, die Richtigkeit ihres immer vertretenen Standpunktes durch die Praxis zu beweisen.

Fahrgemeinschaften

Da somit im Frühjahr 1944 eine Änderung der Lage von der Treibstoffseite aus nicht zu erreichen war, arbeitete die Verwaltung einen eingehenden Plan aus, um durch die Errichtung von Fahrgemeinschaften und durch Koppelung des zivilen und militärischen Frachtraumes unter deutscher Leitung eine rationelle Ausnutzung der Tonnage zu erreichen. Auch dieser Vorschlag konnte erst nach schwierigen Verhandlungen mit Richardt wenigstens in seinen Grundzügen durchgesetzt werden, wobei Richardt entsprechend seiner Grundeinstellung sich gegen jede Einmischung deutscher militärischer Stellen wehrte. Erst auf entsprechenden Druck des Korps wurde durch Abstellung eines Transportoffiziers zum Stabe Richardt wenigstens eine zentrale deutsche Stelle geschaffen, die in etwa Ordnung in die verworrenen Zustände brachte. Die Organisation krankte aber daran, daß die Außenstellen mit Albanern besetzt wurden. Nur dort, wo die deutschen Dienststellen unter Außerachtlassung der Absichten Richardt’s die notwendige Dienstaufsicht über die albanischen Transportbevollmächtigten ausübten, funktionierte die Organisation auch in der Provinz. Im Enderfolg erreichte diese Regelung doch eine wesentliche Verbesserung der Transportlage, die zwar in erster Linie der inneralbanischen Versorgung, daneben aber auch den wehrwirtschaftlich wichtigen Betrieben und der Truppe zugute kam. Wäre diese kriegsnotwendige Regelung schon frühzeitiger getroffen worden, so hätte sie der deutschen Besatzung einen noch viel größeren Nutzen bringen können, da sie sich erst gerade eingespielt hatte, als die Tage der deutschen Herrschaft zu Ende gingen.

Kfz-Beschlagnahme bei der Räumung

Die Verwaltungsgruppe hatte sich im Herbst mit dem Kfz-Problem noch insoweit zu befassen, als sie befehlsgemäß bei den Vorarbeiten zur Beschlagnahmung der LKW für die Truppe zwecks Weiterverwertung oder Unbrauchbarmachung der nicht benötigten Fahrzeuge mitzuarbeiten hatte. Hier ergaben die Karteimittel der Verwaltungsgruppe wertvolle Unterlagen. Die hier kalendermäßig aufgestellten Pläne kamen aber nur beschränkt zur praktischen Durchführung, da einzelne Dienststellen vorprellten. Infolgedessen wurden die Kfz-Halter vorzeitig gewarnt und hatten Zeit, entweder ihre Fahrzeuge zu verbergen oder durch den Ausbau einzelner Teile unbeweglich zu machen.

c) Gesundheitswesen

Malariabekämpfung

Die deutschen Besatzungsbehörden hatten sich hier im wesentlichen nur mit der Malaria-Bekämpfung zu befassen. Albanien ist eines der gefährlichsten Malariagebiete Europas. Im Weltkrieg waren die österreichisch-ungarischen Kontingente mangels genügender Prophylaxe teilweise sogar bis zu 100%, im jetzigen Kriege die italienischen Truppen durchgängig bis zu 50-60% befallen worden. Durch diese Erfahrungen gewarnt, wurde von Anfang an die energische Bekämpfung der Seuche in Angriff genommen. Es wurden sowohl die örtlichen stationären Anlagen zur Niederhaltung der Fiebermücke wie das Lagunenpumpwerk in Durazzo in deutschen Betrieb genommen, wie auch der mechanischen Bekämpfung des Fiebers größte Aufmerksamkeit gewidmet. Sämtliche Truppenunterkünfte wurden mückensicher verdrahtet und die Soldaten vollständig mit Mückenschleiern und Moskitonetzen ausgestattet. Weiterhin wurde das tägliche Atebrinschlucken mit soldatischer Energie überwacht. Zudem erfolgte eine sich stets wiederholende Belehrung der Truppe in Unterricht, Presse und Rundfunk über die Gefahren der Malaria und ihre Bekämpfung.

Alle diese Maßnahmen hatten einen sehr erfreulichen, ja kaum erwarteten Erfolg. Obwohl das Jahr 1944 ein ausgesprochenes Mückenjahr war, blieben die Ausfälle durch Malaria außerordentlich gering. Die Erkrankungen erreichten lediglich rd. 5% der Gesamtstärke. So hat hier die deutsche Methodik und Energie den Beweis erbracht, daß diese Volksseuche Albaniens, die die ganze Bevölkerung entnervt, kein unabwendbares Schicksal zu sein braucht.

Geschlechtskrankheiten

Die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vereinfachte sich in Albanien wesentlich dadurch, daß infolge der religiös bedingten Zurückhaltung des weiblichen Teils der Bevölkerung der Verkehr im wesentlichen auf die Bordelle beschränkt blieb. Durch Einrichtung von Wehrmachtsbordellen unter ständiger deutscher sanitärer Betreuung und strenger Überwachung der übrigen verbotenen Bordelle konnte auch hier eine wesentliche Verseuchung der Truppe vermieden werden.

Papadacifieber

Lediglich dem Papadacifieber stand die deutsche Medizin hilflos gegenüber. Da dieses zwar unter ähnlichen Erscheinungen wie eine schwere Grippe aber ohne dauernde Folgen nach kurzer Zeit von selbst wieder abklang, trat hierdurch keine wesentliche Beeinträchtigung der Schlagkraft der Truppe ein. Von sonstigen gefährlichen Seuchen blieb die Truppe in Albanien verschont. Nur auf dem Rückmarsch traten einzelne Fälle von Flecktyphus auf.

Albanien im Zweiten Weltkrieg (Foto: Janusz Piekalkiewicz).


Albanien im Zweiten Weltkrieg (Foto: Janusz Piekalkiewicz).



Albanien im Zweiten Weltkrieg
(Foto: Janusz Piekalkiewicz).

d) Kultur

Deutsch-albanische Kulturbeziehungen

Die Pflege der kulturellen Beziehungen zwischen Deutschland und Albanien mußte um so mehr reizen, als hier noch starke Beziehungen aus der voritalienischen Zeit vorgefunden wurden. Ein erheblicher Teil der Gebildeten hatte seine Schul- und Universitätsbildung in Großdeutschland genossen, vor allem in Wien, Graz und Innsbruck. Der deutschgebildete Teil der albanischen Intelligenz bewahrte eine starke Hinneigung zur deutschen Kultur und war durchgängig eine zuverlässige Stütze unserer Beziehungen. Hieran anknüpfend bemühte sich die deutsche Gesandtschaft Zukunftsarbeit dadurch zu leisten, daß sie das Studium junger Albaner in Deutschland mit allen Mitteln förderte. Es war auch möglich, im Sommer zunächst einen geschlossenen Transport von über 100 Studenten ins Reich zu senden, denen später noch weitere Einzeltransporte folgten. Die Verwaltungsgruppe konnte hier wertvolle Hilfe dadurch gewähren, daß sie die technische Weiterleitung des Transportes und die Sicherstellung des Postverkehrs in die Provinz über die Orts- und Platzkommandanturen übernahm.

Schutz antiker Fundstätten

Im übrigen bemühte sich die Verwaltung, im Zusammenwirken mit dem Kulturreferenten der Gesandtschaft durch entsprechende Hinweise an die Truppe dafür Sorge zu tragen, daß an den Fundstellen antike Kultur etwa anläßlich der Befestigungsarbeiten ausgegrabene Fundstücke sachgemäß behandelt und dem Lande erhalten wurden. Wesentliche Ergebnisse konnten allerdings durch diese im Sommer eingeleiteten Maßnahmen nicht mehr erzielt werden, da die einsetzenden Wirren über diese Friedensarbeit hinweggingen.

Tätigkeit der Propaganda-Abteilung

Mehr auf das Gebiet der Propaganda verlagert war die an sich geschickte und auch erfolgreiche Tätigkeit der Propaganda-Abteilung. Diese versorgte die wenigen Kinos des Landes mit deutschen Filmen und stattete alle zwei Wochen einen bunten Abend von deutschen und albanischen Kräften in Tirana aus, dessen Niveau allerdings über reine Unterhaltungsdarbietungen nicht hinausging, aber von den Albanern eifrigst besucht wurde. Im übrigen kontrollierte und beeinflußte die Propaganda-Abteilung in geschickter Form den Rundfunk und die Presse und hatte den Erfolg, daß die wichtigsten Nachrichtenquellen bis zum Schluß sicher in deutscher Hand blieben.

Die Verwaltungsgruppe arbeitete mit der Propaganda-Abteilung bestens Hand in Hand und konnte in einigen Fällen nicht unerhebliche ideelle und materielle Hilfe leisten; einmal, indem sie dem Leiter in beinah täglichem Gedankenaustausch ihre vielfachen Erfahrungen mit der Stimmung der Bevölkerung und ihre Auffassung über die Beeinflussung der öffentlichen Meinung übermittelte, zum zweiten durch die Erledigung der verwaltungsmäßigen und juristischen Arbeiten bei der Eröffnung von Kinos und dgl.

e) Finanzen

Wehrmachtfinanzierung

Das Finanzgebahren des albanischen Staates war für die deutschen Stellen an sich nur insoweit von Interesse, als hierdurch die Wehrmachtsfinanzierung beeinflußt wurde. In Anerkennung der Unabhängigkeit Albaniens war zwischen Deutschland und Albanien grundsätzlich vereinbart, daß sämtliche Leistungen aus dem Land durch das Reich gezahlt würden. Da Deutschland nicht über albanische Devisen verfügte, war die technische Beschaffung der notwendigen Zahlungsmittel von dem jeweiligen Kassenbestand des Staates abhängig. Weil die Steuern und Abgaben aus manchen Gegenden überhaupt nicht, aus den anderen nur äußerst schleppend eingingen, und daher dauernder Bargeldmangel in der Staatskasse herrschte, wurde der Versuch unternommen, durch Neudruck diesen dauernden Engpaß zu überbrücken. Die Ergebnisse aller Versuche waren aber unbefriedigend, da der Originaldruckstock für albanische Franken sich in Rom befand und nicht zugänglich war.

Die Wehrmachtsfinanzierung arbeitete einmal mit Einfuhr von Gold, welches je länger um so mehr auf dem freien Markt verkauft werden mußte, da die albanische Staatsbank nicht über den genügenden Banknotenbestand verfügte, zum anderen mit der Einfuhr von Mangelware, wie Zucker, Medikamente, Chemikalien, Maschinenersatzteile u. dgl.

Auf beiden Wegen ließ sich eine vollständige Kompensierung der albanischen Forderungen nicht erreichen. Daher ist ein nicht unerheblicher Teil der albanischen Ansprüche, vor allem aus dem Chromerzbergbau, der Regelung nach dem Kriege vorbehalten geblieben.

Die Wehrmachtsfinanzierung war eine der wesentlichsten Aufgaben der Dienststelle des Auswärtigen Amtes und späterhin des Vertreters des Sonderbevollmächtigten des Auswärtigen Amtes. Diese haben allen Hindernissen zum Trotz es verstanden, diese schwierige Frage bis zum Schluß im Ganzen zufriedenstellend zu lösen.

Wehrsoldzahlung

Lediglich die Regelung der Wehrsoldzahlung gab zu Bedenken Anlaß. Der Wehrsold wurde auf Grund einer im Herbst 1943 festgelegten Relation bis zum Schluß im gleichen Betrage weiter gezahlt. Bei dem dauernden Sinken der Kaufkraft wurde der innere Wert des Soldes immer kleiner. Da zudem alle anderen in Albanien eingesetzten Deutschen – Polizei, OT, Zollgrenzschutz, ganz zu schweigen von den Zivilisten – ungleich höhere Bezüge erhielten, wurde die Moral der Truppe höchst ungünstig beeinflußt. Verkauf und Verschieben von Treibstoff, Reifen und militärischen Ausrüstungsgegenständen beschäftigten die Kriegsgerichte am laufenden Band. Wäre hier eine gerechtere Lösung der Wehrsoldfrage, sei es auch nur in Form einer teilweisen Gutschrift in der Heimat gefunden worden, so wäre zum mindesten die von den Schuldigen immer wieder vorgetragene Einlassung: „Der Staat betrügt mich um meinen mir zustehenden Geld, daher habe ich mir selbst geholfen.“ hinfällig geworden.

Albanische Schadensersatzsprüche

Die Verwaltungsgruppe war insoweit am Rande an dem Finanzierungsproblem beteiligt, als sie die albanischen Ersatzansprüche wegen Schäden, die durch die Wehrmacht verursacht waren, zusammen mit der Intendantur zu bearbeiten hatte. Sie hat sich bemüht, die fast immer übertriebenen, häufig gänzlich unberechtigten Ansprüche der Albaner auf ein gerechtes Maß zurückzuführen und somit eine unangebrachte Belastung der deutschen Finanzierung zu vermeiden.

Deutsch-Albanisches Ausgleichsbüro

Die mit der Einfuhr von Gütern aus Deutschland verbundenen, oft recht schwierigen Aufgaben überwiegend finanzieller Natur wurden im Laufe des Sommers von Beauftragten für Wirtschaft und Finanzen auf das neu errichtete deutsch-albanische Ausgleichsbüro (DAB) abgezweigt. Ihm oblag es vor allem, die dornenvollen Verhandlungen wegen Auf- und Abschleusung der Preise mit den albanischen Vertretern zu führen. Dank ihrer rührigen Tätigkeit entwickelte sich zunächst eine sehr versprechende Warenbestellung aus Deutschland. Da aber die aufgegebenen Sachen wegen der immer schwieriger werdenden Transportlage nur äußerst schleppend hereinkamen, und infolgedessen und wegen der Gesamtentwicklung zu Beginn des Herbstes das Vertrauen der Interessenten gänzlich schwand, kam die Tätigkeit des DAB bald ganz zum Erliegen. Das DAB verfügte über keine Zweigstellen im Lande. Da aber ein Großteil der Bestellungen aus der Provinz kam, konnte die Verwaltung hier bestens aushelfen, indem sie die auswärtigen Kommandanturen zu den notwendigen Verhandlungen an Ort und Stelle heranzog. Hieraus entwickelte sich von selbst ein enges und gutes Zusammenarbeiten mit dem DAB.

f) Justiz

Einschreiten der albanischen Gerichte gegen Kommunisten

Die deutsche Verwaltung hatte keinen Anlaß, sich im allgemeinen mit der Justiz im neutralen Albanien zu befassen. Lediglich insoweit waren die Erkenntnisse der albanischen Gerichte von Interesse, als absprachgemäß die Verurteilung von Kommunisten, soweit sie nicht bei direktem Angriff gegen deutsche Soldaten oder deutschen Wehrmachtsgut ergriffen wurden, den albanischen Gerichten übertragen war. Da aber sehr bald die Bekämpfung der Roten wegen der Ohnmacht der albanischen Staatsgewalt ausschließlich Sache der deutschen Truppe und Sicherheitsorgane wurde, verlor das eigenstaatliche Eingreifen jedes aktuelle Interesse.

Zwiespalt zwischen Gesetz und wirtschaftlicher Entwicklung

Im übrigen darf im allgemeinen zu der albanischen Gesetzgebung und Rechtsprechung gesagt werden, daß auch hier wie auf fast allen Lebensgebieten, eine unüberbrückbare Kluft zwischen Entwicklung und mittelalterlichen Lebensformen klaffte. Albanien hatte infolge Rezeption der neuesten ausländischen Gesetze theoretisch wohl mit die neuzeitlichste Gesetzgebung und Rechtsprechung, welche man sich überhaupt denken konnte. Demgegenüber stand die gesamte soziale und wirtschaftliche Struktur, wenigstens auf dem Lande, noch auf einem Standpunkt, welcher um Jahrhunderte hinter dem übrigen Europa herhinkte. Da nun das Recht immer nur eine Festlegung des gewachsenen Zustandes sein kann und bei dem Versuch, die Entwicklung ruckartig voran zu treiben, schwerste Erschütterungen im staatlichen und gesellschaftlichen Leben hervorrufen muß, kann in dieser Erscheinung eine der tiefsten Gründe für die innere Haltlosigkeit des Staates gefunden werden.

g) Arbeitsdienst

Unmöglichkeit der Einführung eines albanischen Arbeitsdienstes

Häufiger Arbeitermangel bei notwendigen Vorhaben, wie Straßenbau, Luftschutzanlagen für die Zivilbevölkerung, veranlaßte die Verwaltung, sich mit dem Problem eines albanischen Arbeitsdienstes zu befassen. Da aber der in dieser Frage angegangene Minister Deva die Durchführung für unmöglich erklärte, und die Verwaltung einsehen mußte, daß die Machtmittel des Staates niemals ausreichen würden, auch nur irgendetwas Brauchbares zu schaffen, wurde die Frage als unlösbar nicht weiter verfolgt.

h) Arbeitseinsatz Reich

Möglichkeiten der Arbeiterwerbung

An sich wäre es möglich gewesen, eine nicht unerhebliche Zahl von Arbeitskräften ins Reich zu vermitteln, zumal sich bei der fortschreitenden inneren Unsicherheit immer mehr Personen bei der Verwaltung meldeten, die auf diese Art und Weise den erwarteten Wirren zu entgehen hofften. Trotz mehrfacher Anregung der Verwaltungsgruppe konnte es aber nicht erreicht werden, daß für Altalbanien eine entsprechende Organisation aufgezogen wurde.

Lediglich in Kosovo übte ein Vertreter des Beauftragten für den Arbeitseinsatz seine Tätigkeit aus. Da dieser es aber nicht verstand, mit den übrigen deutschen Dienststellen reibungslos zusammenarbeiten, mußte gerade hier die Verwaltung mehrfach schlichtend eingreifen. Zahlen über das Endergebnis der Arbeitsvermittlung ins Reich stehen zur Zeit nicht zur Verfügung.

i) Ausländerwesen

Fremde Volksgruppen von einiger Bedeutung gab es zwei in Albanien:

1. die Serben in Kosovo,

2. die Italiener, an sich über das ganze Land verstreut, jedoch im wesentlichen in Tirana zusammengeballt.

Serben in Kosovo

Die Serben in Kosovo waren der wirtschaftlich bei weitem am fortgeschrittenste Bevölkerungsanteil in Nordalbanien. In ihren Händen lagen die dort vorhandenen gewerblichen Mittelbetriebe, Mühlen, Gerbereien, Sägewerke und Versorgungseinrichtungen. Die serbischen Bauern, zahlenmäßig nicht unbedeutend, waren im Gegensatz zu den äußerst primitiv arbeitenden Albanern fortschrittliche Landwirte. Ihrer Wirtschaftsweise war es im wesentlichen zu verdanken, daß das Kosovo-Gebiet seiner Aufgabe, Altalbanien aus den Überschüssen mitzuernähren, weiter erfüllen konnte.

Alte völkische Abneigung der Albaner gegen die erst 1919 ins Land eingewanderten, wirtschaftlich überlegenen Serben bildete immer einen unterirdisch glimmenden Brandherd. Es war einer der schwierigsten und verantwortlichsten Aufgaben der Verwaltung in Kosovo, hier mit geschickter Hand alle entstehenden Konflikte im Keime zu ersticken. Da aber nicht nur völkischer Haß, sondern auch egoistische Habgier den Albanern es verlockend erscheinen ließ, die Serben aus dem Land heraus zu jagen und sich an ihren Besitztümern zu ergreifen, bedürfte es häufiger des Einsetzens der ganzen Autorität der deutschen Wehrmacht, um hier Ausschreitungen zu verhüten.

Moschee in Kavaja (Foto: Richard Busch-Zantner, 1939).

Moschee in Kavaja (Foto: Richard Busch-Zantner, 1939).



Moschee in Kavaja (Foto:
Richard Busch-Zantner, 1939).

Italiener in Albanien

Das Italiener-Problem lag ähnlich, war aber noch komplizierter. Wirtschaftlich waren die Italiener in Albanien vollkommen unersetzlich, wollte man sich nicht entschließen, zu ihrer Ablösung wertvolle Fachkräfte aus dem Reich nachzuschieben.

Sämtliche industrielle und auch gewerbliche Betriebe von einiger Bedeutung in Altalbanien waren entweder italienisches Eigentum oder von Italienern geleitet. Die im Lande vorgefundenen Fachkräfte, Automechaniker, Elektromonteure, Schweißer, Dreher, usw. waren ebenso fast ausschließlich Italiener, wie sich nur in ihren Reihen brauchbare Straßenbauarbeiter finden ließen. Daher war die deutsche Wehrwirtschaft dringend an der Erhaltung dieser zum Teil hochqualifizierten Kräfte interessiert.

Lag also die Italienerfrage wirtschaftlich gesehen eindeutig, so war die politische Seite um so verwickelter. Zunächst war zu berücksichtigen, daß die Albaner nicht nur aus politischer Abneigung, sondern noch mehr aus schnöder Habgier immer auf dem Sprunge standen, die Italiener, insbesondere die meist sehr reichen Firmeninhaber, aus ihren Positionen zu verdrängen. Diesem Zwang diente letzten Endes auch die Einsetzung von albanischen Regierungskommissaren bei den italienischen Firmen, wobei diese Posten nebenher noch mehr oder minder einträgliche Pfründe für die bestellten Ministerialbeamten waren. Denn neben ihrer nicht unbedeutenden Aufwandentschädigung bezogen die Kommissare durchgängig höhere oder geringere Schmiergelder dafür, daß sie die Firmen ungestört arbeiten ließen. Diese und alle ähnlichen gegen die Italiener gerichteten Schikanen umkleideten die Albaner aber geräuschvoll mit der Parole des Aufbaus einer eigenen nationalen Wirtschaft. Jedes ungeschickte Eintreten für die Italiener führte also unweigerlich zu Verwicklungen mit den Albanern.

Weiterhin war zu berücksichtigen, daß die Italiener selbst in ihrer inneren Haltung zu Deutschland vollkommen undurchsichtig waren. Bei noch so betonter Konzilianz nach außen hin war man bei keinem Italiener mit Ausnahme der ganz wenigen, welche sich offen als Faschisten bekannten, sicher, ob man es mit einem Badoglio-Anhänger zu tun hatte oder nicht. Tatsächlich dürfte wohl die Mehrzahl der Italiener mit ihren Sympathien nicht auf Seiten Deutschlands gestanden haben.

Hinzu kam noch, daß viele Hunderte von ehemaligen italienischen Soldaten und entlaufenen Hiwis und Kriegsgefangenen kurzerhand Zivil angezogen hatten, um auf diese bequeme Weise für sich persönlich den Krieg zu beenden. Dieser kaum zu kontrollierende Haufen bildete naturgemäß insbesondere vom Abwehrstandpunkt aus, eine Gefahr für die Besatzung.

Die Verhältnisse wurden dadurch noch undurchsichtiger, daß ehemalige italienische Militärangehörige in drei bzw. vier ganz verschieden behandelten Kategorien im Lande vorhanden waren. Die im Kampf gefangenen Italiener galten als regelrechte Kriegsgefangene; daneben waren Militärinternierte und vereidigte Hilfswillige in nicht unbeträchtlicher Zahl beschäftigt. Schließlich kämpften noch vereinzelt Schwarzhemden auf deutscher Seite gegen die Banden. Dieses kaum entwirrbare Durcheinander, wo Angehörige desselben Volkes einmal als mit der Waffe kämpfende Feinde, ein anders Mal als Bundesgenossen auf engstem Raume zudem noch in einem dritten neutralen Staate in Erscheinung traten, war nicht dazu angetan, die Behandlung der italienischen Frage zu vereinfachen. Immerhin ist es bis zum Schluß gelungen, irgendwelche nennenswerte Ausschreitungen zu verhindern, und diejenigen Firmen und Fachkräfte, welche für die deutsche Wehrmacht wertvoll waren, im Lande und bei der Stange zu halten.

Im übrigen wurden in Zusammenwirken mit den Abwehrstellen und dem Beauftragten für Wirtschaft und Finanzen die Italiener möglichst aus dem Lande ausgeschoben und teils nach Italien, teils zum Arbeitseinsatz ins Reich geschafft. Als die Lage mit Beginn des Herbstes bedrohlich wurde, sorgte die Verwaltungsgruppe dafür, daß die wirklich zuverlässigen Faschisten an ihrer Spitze der inoffizielle Gesandte des Duce, Graf Bonaccorsi, unbehindert und rechtzeitig das Land verlassen konnten.

Um für den Abtransport der Italiener brauchbare Unterlagen zu bekommen, wie auch aus Abwehrgründen mußte vorher eine Personalerfassung der in Albanien Lebenden stattfinden. Die ganze Arbeitslast lag, da die albanischen Behörden wie immer versagten, wenn positive Arbeit zu leisten war, auf den Schultern der Verwaltungsgruppe.

Die in Albanien endgültig zurückgebliebene italienische Restkolonie, meist Firmeninhaber und deren Gefolgschaft, legte auf einen Abtransport keinen Wert, offenbar da sie rechtzeitig Anschluß an die Gegenseite gefunden oder erkauft hatte. Mit Recht baute sie auch darauf, daß das primitivste Wirtschaftsleben in Albanien ohne ihre Mitarbeit zum erliegen kommen müsse.

Da aber diese italienischen Firmen bis zum Schluß bereitwilligst für alle deutschen Belange zur Verfügung standen, war für die Verwaltung kein Anlaß gegeben, das korrekte Verhältnis zu dem genannten Personenkreis irgendwie abzuändern.

 

IV. WIRTSCHAFT

Allgemeines

Allgemeine Unfruchtbarkeit der albanischen Wirtschaft

Die albanische Wirtschaft, besser gesagt, Mißwirtschaft, kann nur verstanden werden, wenn man die ganz besondere Einstellung des Albaners zum gewerblichen Leben betrachtet. Es ist wohl nicht falsch, wenn man den durchschnittlichen Landeseinwohner wirtschaftlich als Schmarotzer bezeichnet. Im Großen gesehen hat die albanische Wirtschaft, seitdem das Land selbständig geworden war, nur von fremden Völkern gelebt. Im Weltkriege waren es die Österreicher, die die ersten Ansätze eines modernen Wirtschaftslebens nach Albanien gebracht haben. Sie bauten Straßen und Brücken und schufen somit erst die einfachsten Voraussetzungen für eine nationale Wirtschaft. Was die Albaner aber mit diesen Kulturerrungenschaften selbst anzufangen wußten, beweist wohl am besten die gewiß nur einmal vorgekommene Erscheinung, daß die von den Österreichern längs der Küste gebaute Schmalspurbahn binnen einiger Jahre bis zur letzten Schiene gestohlen wurde. Späterhin lebte die albanische Wirtschaft nur von den aus politischen Gründen gewährten italienischen Subventionen.

Ebenso unproduktiv wie die albanische Wirtschaft im Großen zeigt sich auch der einzelne Albaner. Kleine Arbeit jeglicher Art ist ihm verhaßt. Dagegen ist der Albaner der geborene gerissene orientalische Händler, und es ist wohl mehr wie eine Anekdote, wenn die Tatsache, daß in Albanien so gut wie keine Juden lebten, damit erklärt wird, daß ein Albaner sieben Juden aufwöge.

Marktstraße in Tirana (Foto: Lutz Koch, 1941).

Marktstraße in Tirana (Foto: Lutz Koch, 1941).



Marktstraße in Tirana
(Foto: Lutz Koch, 1941).

Wirtschaftsraum Altalbanien

Großalbanien stellt kein in sich geschlossenes Wirtschaftsgebiet dar. Zunächst zeigt Kosovo ein wesentlich anderes wirtschaftliches Gepräge wie Altalbanien.

Das ursprüngliche Albanien erstreckt sich geographisch langgedehnt an der Adriaküste von Griechenland bis Montenegro. In seiner Tiefe gering, wird es durch die Gebirge, welche teilweise, besonders im äußersten Süden und Norden, bis hart an die Küste herantreten, in die Küstentiefebene und das unwirtliche Bergland geschieden. Lediglich diese Tiefebene und das Becken von Elbasan kommen für geregelte landwirtschaftliche Bebauung in Frage.

Das Bergland gewinnt seinen besonderen Charakter dadurch, daß es entweder nur kümmerlich bewachsen oder zum Teil sogar ganz verkarstet ist. Diese volkswirtschaftlich einschneidende Tatsache ist eine Folge der jahrhundertelangen türkischen Mißachtung des Waldes und wird auch jetzt noch durch die zahlreichen Ziegenherden des Landes, welche jeden Jungtrieb sofort verbeißen, gefördert.

Durch dieses Fehlen ausgedehnter Wälder ist die Bewässerung des Landes außerordentlich unregelmäßig. An sich durchfließt eine genügende Anzahl von im Jahresganzen reichlich wasserführenden Flüssen das Land in Ost-Westrichtung. Da aber die natürliche Regelung des Wasserabflusses durch Wälder und die künstliche durch Talsperren ganz fehlt, sind die Flüsse in der Regenzeit Ströme, welche sich in kilometerbreiten, ungeregelten Betten mit kaum vorstellbarer Gewalt der Küste zuwälzen, während sie im Sommer zu Wahdis werden, die man beinahe trockenen Fußes durchwaten kann. Die Folge dieser ungeregelten Wasserwirtschaft ist die Versumpfung an sich fruchtbarer Landstriche im Küstengebiet, nebenher die Brutstätten der Moskitos, und Wassermangel in den höher gelegenen Gebieten, die dort steppenähnlichen Charakter annehmen.

Klimatisch ist Altalbanien ganz dem Mittelmeer unterworfen. Die Küstennähe bedingt einen im Jahresdurchschnitt hohen Niederschlag, und die Nähe des Gebirges mildert in sehr wohltuender Weise nach Sonnenuntergang die über Tag sehr hohe Sommertemperatur. Im Ganzen ist daher das Klima für den Nordeuropäer zwar ungewohnt aber erträglich.

An Bodenschätzen birgt Altalbanien im Bergland die Ölquellen am Devoli [Devoll] und um Pathos [Patos], sowie die Chromerze der Reviere Pogradec und Klos, Braunkohlen am Krabapaß, Eisen in Südalbanien und geringes Kupfervorkommen in der Gegend von Skutari. Ob noch weitere abbauwürdige Bodenschätze vorhanden sind, muß bei der mangelhaften Aufschließung des Landes offen bleiben. Jedoch dürften die Schwefelquellen bei Lixa [Llixha] und Elbasan und das dort wie auch an sonstigen Orten des Landes offen aus der Erde quellende Methan noch manche wirtschaftliche Möglichkeit für die Zukunft in sich bergen.

Kosovogebiet

Kosovo grenzt im Osten an das neubulgarische Gebiet um Skopie, im Norden an Serbien, im Westen an Kroatien und Montenegro, und im Süden an Altalbanien. Sein Kerngebiet bildet das sehr fruchtbare Amselfeld; seine Bergländer sind wirtschaftlich infolge des Chromerzes, Magnesit- und Lignitvorkommens wertvoll. Die Berge sind auch zum Teil bewaldet, sodaß Kosovo genügend Holz hervorbrachte. Klimatisch ist das Land nicht mehr in dem Maße von der Adria abhängig wie Altalbanien. Überhaupt gliedert sich das Kosovo-Gebiet im ganzen mehr als Altalbanien an das übrige balkanische Wirtschaftsgefüge an, das nicht wie Altalbanien durch hohe, unwegsame Gebirge nach Osten hin abgeschlossen ist. Hierdurch und durch die frühere politische Zugehörigkeit zu Serbien bedingt, hat die Wirtschaft Kosovos viel engere Fühlung mit dem übrigen Balkan.

Grenzen der Wirtschaftlenkung im neutralen Albanien

Die Grenzen der Beeinflussung der Wirtschaft Albaniens ergaben sich aus der Neutralität des Landes von selbst. Daher beschränkte sich die deutsche Einflußnahme im großen gesehen lediglich auf die wehrwirtschaftlich interessanten Gebiete. Chromerz, Magnesit- und Lignitgruben, sowie das Ölvorkommen Albaniens standen unmittelbar unter deutscher Leitung. Im Übrigen kam die deutsche Mitarbeit auf wirtschaftlichem Gebiet - im wesentlichen Aufgabe des Beauftragten für Wirtschaft und Finanz - fast ausschließlich der inneralbanischen Wirtschaft zugute. Aber alle Versuche einer planvollen Wirtschaftslenkung fanden ihr Maß und Ziel in der Mitarbeit der Albaner, die aus ihrer inneren Einstellung als ausgesprochene Individualisten sich praktisch jeder Planung ablehnend gegenüber verhielten. So zeigte auch die Wirtschaft als solche ausgesprochen anarchische Züge. Spekulation und Schieberei auf der einen Seite, Teuerung und Knappheit und dadurch hervorgerufen Unzufriedenheit auf der anderen Seite, schossen üppig ins Kraut. Diese üblen wirtschaftlichen Erscheinungen und das restlose Unvermögen der Regierung hier auch nur im geringsten regelnd einzugreifen, haben nicht unwesentlich dazu beigetragen, dem Kommunismus den Weg zu ebnen.

Pflügen im mittelalbanischen Skrapar  (Foto: Robert Elsie, November 2010).

Pflügen im mittelalbanischen Skrapar  (Foto: Robert Elsie, November 2010).



Pflügen im mittelalbanischen Skrapar
(Foto: Robert Elsie, November 2010).

Landwirtschaft in Altalbanien

Die albanische Landwirtschaft bedingte nur ein beschränkteres deutsches Interesse, da sie abgesehen von etwas Speiseöl, Tabak und Zigaretten keinerlei Überschüsse für die großdeutsche Ernährung abwarf. Indirekt war sie insoweit für die deutschen Belange von Bedeutung, als die Besatzung ein Interesse daran hatte, daß die Ruhe des Landes nicht durch Hungerrevolten gestört würde.

Überschußgebiet Kosovo

Der Süden Altalbaniens erbrachte Olivenöl, Tabak, etwas Wein, Mais und Weizen in beschränktem Umfange sowie Obst, der Norden als ausgesprochenes Viehzuchtgebiet Fleisch und Fett. In der Gesamtheit reichten aber die Erträgnisse des alten Albaniens bei der primitiven Wirtschaftsweise der Bauern, die noch nicht einmal die Periode der Dreifelderwirtschaft erreicht hatten und noch wie in der Urzeit mit einem hölzernen Pflug die Scholle umbrachen, nicht aus, um die Bevölkerung des Landes auch nur notdürftig zu ernähren. Daher mußten die Überschüsse aus Kosovo fast ausschließlich dazu dienen, daß übrige Land mitzuernähren. Neualbanien fiel daher praktisch für die Ernährung der Truppe, erst recht für den deutschen Ernährungssektor, aus. Das Kosovogebiet produzierte Weizen, Mais, Tabak, Wein in guter Qualität, Obst, und an tierischen Produkten Fett und Fleisch.

Einsatz von deutschen landwirtschaftlichen Fachkräften

Da einzelne von der Wehrmacht angepachtete Güter unter deutscher Bewirtschaftung bei der natürlichen Fruchtbarkeit des Landes ausgezeichnete Erträge brachten, wurde von der Wirtschaftsgruppe wiederholt vergeblich der verstärkte Einsatz von deutschen landwirtschaftlichen Fachkräften angeregt. Dieser Versuch hätte sich unbedingt gelohnt. Anbauwürdiges Land war von den Großgrundbesitzern ohne weiteres gegen gewisse Naturalabgaben zu pachten. Die Ergebnisse einer solchen eigenen Wirtschaft hätten bei geringem Einsatz erheblich zur Versorgung der Truppe beitragen können, und damit den Ernährungs- und Transportsektor entlastet.

Beschlagnahme von Vieh beim Rückzug

Lediglich auf dem Rückzug entnahm die deutsche Wehrmacht durch Beschlagnahme gegen Leistungsbescheinigung größere Herden an Schafen und Rindvieh, auch eine Anzahl von Tragtieren aus dem Lande, die für die Ernährung und Beweglichmachung der Truppe auf ihrem Rückmarsch durch das fast unbewohnte Hochbosnien von nicht zu unterschätzender Bedeutung waren.

Erdöl

Nächst Rumänien war Albanien dasjenige Land des Südostens, in dem Erdöl in nennenswertem Umfange vorkam. Die Italiener waren am Devoli und in Pathos fündig geworden und hatten in beiden Revieren die entsprechende Zahl von Bohrtürmen errichtet.
Nach häufigeren Berichten von an sich vertrauenswürdigen Gewährsleuten soll sich das Ölvorkommen Albaniens aber nicht nur auf diese nicht allzu großen Reviere beschränken, sondern die Italiener sollen bei Probebohrungen auch in anderen Gebieten nördlich Tiranas Öl in beträchtlichem Maße gefunden haben. Dieses Vorkommen sei von ihnen aber absolut geheim gehalten worden. Nach weiteren Bekundungen sollen die Russen, welche in den zwanziger Jahren unter der russophilen Regierung Fan Nolis eine Studiengesellschaft zur Erforschung des Landes entsandt hatten, in der Gegend um Skutari sehr reiche Ölvorkommen entdeckt haben. Die Ergebnisse seien aber nicht zur Auswertung gekommen und später wieder in Vergessenheit geraten, da Zogu bei seinem Machtantritt jede Beziehung zu Rußland abgebrochen hätte. Soweit belegte und nicht von vornherein unglaubwürdige Meldungen dieser Art an die Verwaltung kamen, wurden sie dem WeWi-O [Wirtschaftsstab Ost] und dem Beauftragten für Wirtschaft und Finanzen weitergegeben, die sie ihrerseits wieder an ihren Experten Professor Zuber weitergeleiteten. Dieser lehnte a priori unter Hinweis auf die geologische Struktur des Landes, derartige Möglichkeiten ab. Ob man aber dieser Auskunft unter allen Umständen trauen darf, entzieht sich der Beurteilung dieses Berichtes. Jedoch darf bei der Bewertung der Glaubwürdigkeit Zubers nicht vergessen werden, daß er als Nationalpole in italienischen Diensten groß geworden ist, sodaß seine Zuverlässigkeit in deutschem Sinne nicht unter allen Umständen gewährleistet erscheint.

Zur praktischen Bedeutung würden allerding diese weiteren Ölvorkommen während der kurzen Zeit der deutschen Besatzung nicht gekommen sein, da es nicht einmal möglich war, die Kapazität von Devoli voll auszuschöpfen.

Devoli

Das Ölfeld am Devoli wurde im September und Oktober 1943 von deutschen Truppen freigekämpft und besetzt. Pathos, noch weniger erschlossen, blieb fast dauernd bandengefährdet und wurde nicht in deutschen Betrieb genommen.

Die Schwierigkeit der Nutzung der Ölfelder lag daran, daß die Italiener in Albanien lediglich das Rohöl gewonnen, es in einer Ölleitung nach Valona gedrückt und von dort mit Schiffen nach Bari versandt hatten, wo es raffiniert und destilliert wurde. Selbst der in Albanien verbrachte Treibstoff kam als Fertigprodukt auf dem Seewege ins Land zurück. In Devoli selbst wurde nur eine primitive Blase vorgefunden, die gerade ausreichte, um das Werk mit Betriebsstoff zu versorgen.

Da der Seeweg für Deutschland verschlossen war und eine Abfuhr des Rohöls über die Berge unmögliche Anforderungen an den Transportsektor gestellt hätte, war es vordringlichste Aufgabe, die erforderlichen Heckmannanlagen zur Aufarbeitung des Rohöls aufzustellen. Die Arbeit wurde von der Mineralölkompanie, welche unter der Verantwortung des zuständigen Wehrwirtschaftsoffiziers die Aufarbeitung und den Betrieb von Devoli übernommen hatte, mit aller Energie vorangetrieben. Geplant war die Aufstellung von vier Heckmannanlagen. Die Aufstellung und Errichtung war aber deswegen so außerordentlich schwierig, weil alle schweren Einzelteile in LKWs mühsam über die unwirtlichen Bergpässe herangebracht werden mußten. Es muß unter Berücksichtigung aller Schwierigkeiten als vorzügliche Leistung bewertet werden, daß es möglich war, schon im Mai 1944 die erste Heckmannanlage anlaufen zu lassen.

Im Laufe des Sommers wurde aus politischen Gründen der rein militärische Betrieb von Devoli aufgegeben und die Albanien-Öl-GmbH als Tochtergesellschaft der Conti-Öl AG gegründet, welche am 1. Juli 1944 Devoli übernahm. Ihr oblag damit auch der weitere Einbau der vorgesehenen Heckmannanlagen. Die Albanien-Öl-GmbH führte ihren Betrieb zusammen mit einem verbliebenen Restkommando der Mineralölkompanie im wesentlichen durch zivile Kräfte weiter. Unter Leitung von sieben deutschen Fachkräften arbeiteten die Angestellten der AIPA [Azienda Italiana Petroli Albania], der italienischen Betriebsgesellschaft von Devoli, weiter. Die notwendigen Bauarbeiten wurden von italienischen Hiwi-Formationen geleistet. Die militärische Sicherung lag in Händen der Flak und Flieger, welche in Devoli lagen, und den XXI. Geb. A.K.s

Das Rechtsverhältnis zwischen der Albanien-Öl-GmbH und dem albanischen Staat blieb in der Schwebe. Deutscherseits wurde der Standpunkt vertreten, daß Devoli als Beute zu betrachten sei, da es mit Waffengewalt und deutschem Blut erobert sei. Daher falle es nach internationalem Recht entschädigungslos dem Sieger zu. Unter Offenhaltung einer späteren zwischenstaatlichen Regelung wurde als Zwischenlösung die Zahlung einer Tonnenabgabe, deren Höhe zur Zeit nicht zu ermitteln ist, vereinbart.

Mitte Juli brannte die einzige in Betrieb genommene Hechmannanlage aus niemals sicher geklärten Gründen aus. Unter Anspannung aller Kräfte wurde daher der Bau der restlichen drei Heckmannanlagen vorangetrieben. Trotz zweimaliger schwerer Fliegerangriffe, wodurch das E-werk teilweise ausfiel, konnte Mitte August die zweite Anlage mit guter Arbeitsleistung in Betrieb gekommen werden. Die dritte Heckmannanlage stand gerade vor der Vollendung, als am 17. Oktober 1944 Devoli geräumt werden mußte. Bei der Räumung wurde das Ölfeld so nachhaltig zerstört, daß keine Inbetriebnahme vor Ablauf von eineinhalb bis zwei Jahren möglich ist.

Über die Ausbeute von Devoli steht zur Zeit lediglich die eine Zahl zur Verfügung, daß rd. 1 Million Tonnen Rohöl verarbeitet worden sind. Wieviel Fertigprodukte hieraus gewonnen sind, ist zur Zeit nicht bekannt.

Der unmittelbare Vorteil Deutschlands aus Devoli hielt sich in bescheidenen Grenzen, da der albanische Zivilsektor allzu großzügig à konto der Leistung Devolis bedacht wurde und zwar auch zu einer Zeit, als das albanische Ölfeld überhaupt noch keinen Ertrag brachte. Wenn daher ab Herbst hier energisch gedrosselt und dadurch erreicht wurde, der deutschen Wehrmacht einigermaßen ins Gewicht fallende Mengen zur Verfügung zu stellen, so darf diese Tatsache nicht dazu verleiten, diese Mengen als effektive Nutzleistung für Deutschland anzusehen.

Bergbau

An abbauwürdigen erschlossenen Bodenschätzen wurden bei der Besetzung Albaniens folgende vorgefunden:

Kupfer

Kupfer südöstlich von Skutari. Wegen des geringen Vorkommens wurde der Betrieb deutscherseits nicht aufgenommen.

Eisen

Eisen in zwei Fundstätten Südalbaniens. Auch hier lohnte sich ein Weiterbetrieb nicht.

Haus im Valbonatal (Foto: Robert Elsie, April 2010).

Haus im Valbonatal (Foto: Robert Elsie, April 2010).



Haus im Valbonatal (Foto:
Robert Elsie, April 2010).

Lignit

Lignit in Obilić bei Kosovo. Dieses Bergwerk war insofern von großer Bedeutung für den deutschen Südostbergbau, als es die einzige Kohlenbasis für das Kraftwerk der Blei- und Zinkbergbau Trepča Mines Ltd. bildete, die in der Blei- und Zinkversorgung der deutschen Rüstungsindustrie eine hervorragende Rolle spielte. Nach der deutschen Besetzung Albaniens wurde Obilić sofort unter kommissarische Verwaltung genommen und konnte durchweg einen normalen Betrieb durchhalten, sodaß das Kraftwerk in Trepča mit durchschnittlich 6.000 moto versorgt werden konnte.

Braunkohle am Krabapaß

Am Krabapaß bei Tirana wurde Braun- bzw. Pechkohle mit guten Heizwerten im Horizontalbau gewonnen. Das Werk versorgte unter albanischer Leitung Tirana und Umgebung mit Heizmaterial. Die Grube fiel im August 1944 in die Hand der Partisanen und konnte nicht wieder freigekämpft werden. Daher blieben die Bemühungen der Verwaltungsgruppe im Interesse der Kohlenversorgung der Truppe, den Betrieb wieder in Gang zu bringen, ohne Erfolg.

Magnesit in Golesch

Die Grube war schon im Jahre 1941 von der Magnesit AG, Südost, mit Sitz in Wien, in einem bis zum Jahre 1956 unkündbaren Vertrag angepachtet worden. Da die Italiener unter Außerachtlassung dieser deutschen Rechte einfach das Werk besetzten, kam es trotz langwieriger zwischenstaatlicher Verhandlungen erst nach dem deutschen Einmarsch zu einer rationellen Nutzung des Betriebs für die deutsche Rüstungswirtschaft. Nach dem Einrücken deutscher Truppen wurden die zwischenzeitlich notgedrungen mit den Italienern getroffenen Vereinbarungen, wonach die deutsche Beteiligung nur zu 40% zugestanden war, durch die albanische Regierung für ungesetzlich erklärt, und die Magnesit AG Südost wieder in ihre früheren Rechte als Alleinpächterin der Grube eingesetzt.

Golesch war wegen der besonders guten Qualität seines Magnesits von erheblicher Bedeutung. Der Betrieb selbst litt aber unter häufigen Wassereinbrüchen. Die größten Schwierigkeiten lagen aber infolge Mangels an betriebsfertigen LKWs im Transport, da sowohl die Brennstoffversorgung der Brennanlage als auch der Abtransport des Magnesits zum Versandbahnhof Liptyan [Lipjan] per Achse erfolgen mußte.

Gefördert wurden von Mitte September 1943 bis Ende August 1944
Rohmagnesit  
5191 to
Ins Reich abtransportiert wurden
Rohmagnesit  
827 to
kaust. gebr. Magnesit  
1810 to

Chromerz

Das weitaus wehrwirtschaftlich wichtigste Erzvorkommen Albaniens war das Chromerz. Chrom wurde sowohl in Altalbanien als auch im Kosovo-Gebiet gefunden. Im ersteren lagen die Chromerzgruben von Kukesh [Kukës], Klos und Pogradec; im Kosovo-Gebiet waren bei der deutschen Besetzung die Reviere Djakova [Gjakova] und Letay [Letaj] in Betrieb. Sofort nach dem Einmarsch der 2. deutschen Panzerarmee entsandte der GBM einen Beauftragten zur Wahrung der deutschen Bergbauinteressen nach Tirana, welcher das Einverständnis der vorläufigen albanischen Regierung für die Übernahme der Chromerzgruben durch die reichseigene Südost-Montan GmbH herbeiführen konnte. Auf Grund dieses Abkommens wurden in Prizren die Dienststelle des „Generalbevollmächtigten für Metallerzbergbau Südost – Beauftragter Albanien“ sowie eine Geschäftsstelle der Südost-Montan GmbH eingerichtet. Klos und Pogradec konnten wegen Bandengefährdung nicht eröffnet werden.

Im März 1944 fanden informatorische Besprechungen zwischen dem GBM und der albanischen Regierung statt, um die Grundlage für ein zwischenstaatliches Abkommen über die Regelung der deutschen Bergbaubelange in Albanien festzulegen. Die Verhandlungen wurden von beiden Seiten dilatorisch geführt, von deutscher Seite, weil die Erfüllung der dann höheren Zahlungsverpflichtungen zur Zeit aus technischen Gründen nicht möglich schien; albanischerseits, weil dort politische Erwägungen dem Abschluß entgegenstanden. Trotz dieses vertraglosen Zustandes hat die albanische Regierung dem deutschen Betrieb und Abtransport bis zum Schluß niemals irgendwelche Schwierigkeiten in den Weg gelegt.

Die Finanzierung des Chromerzbergbaus durch Bereitstellung von albanischen Franken erfolgte vom Sonderbevollmächtigten des Auswärtigen Amtes im allgemeinen ohne Schwierigkeiten.

Die Verwaltung und kaufmännische Leitung sämtlicher Chromerzgruben lag in Händen der Südost-Montan GmbH, Geschäftsstelle Prizren. Die technische Betriebsführung übernahm die 1. Komp. T. B. „Bergbau“ mot 26. Die Zahl der Arbeiter im Chromerzbergbau, teils einheimische, teils Italiener und Montenegriner, stieg von 730 bis auf rd. 1,900.

Bei der Besetzung wurden bedeutende Haldenbestände vorgefunden. Auf den nordalbanischen Gruben lagerten rd. 5.800 to, in Südalbanien am Bahnhof Struga rd. 1,700 to, und in Klos rd. 4,000 to. Letztere waren aber nicht zugänglich.

Zur Übernahme des Betriebes mußten die zwischenzeitlich reichlich verwahrlosten Gruben erst weitgehendst in Stand gesetzt werden, bevor Ende Oktober 1943 ein regelmäßiger Betrieb aufgenommen werden konnte.

Die immer steigenden Resultate der Förderung der nordalbanischen Gruben ergaben folgende Zahlen:

Monat   Förderung to   Versand ins Reich to
         
1943
Oktober
November
Dezember
 
354
670
1.001
 
894
1.089
745
   
 
1944
Januar
Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
August

Zusammen
 
1.263
1.862
3.233
4.358
5.198
6.935
7.761
10.267

42.902
 
652
704
1.873
3.020
3.174
5.286
6.192
5.203

28.832

Wenn gegenüber der immer steigenden Kurve der Förderung der ungleich wichtigere Abtransport ins Reich prozentual immer mehr zurückging, so lag dies an den äußerst ungünstigen Transportmöglichkeiten.

Der ins Auge gefaßte Bau einer Feldbahn von Djakova zum Bahnhof Peja kam aus technischen Schwierigkeiten nicht zur Durchführung. Der Abtransport mit LKW litt trotz aller Aushilfen sowohl fortdauernd unter dem Mangel an betriebsfähigen LKW als auch an dem schlechten Zustand der Abfuhrstraßen. Hier trat eine maßgebliche Änderung ein, als im Juni 1944 ein besonderes Transportkommando von 140 LKW mit 400 to Laderaum zur Verfügung gestellt wurde. Trotz aller Anstrengungen waren aber die Haldenbestände in Nordalbanien auf rd. 25.500 to Erze mit einem Chrommetallinhalt von rd. 6.100 to bei der Räumung angewachsen.

In Südalbanien wurden die am Versandbahnhof Struga vorgefundenen 1.700 to Erze bis Anfang 1944 abgefahren. Die kurze Inbetriebnahme von Pogradec Juli bis August 1944 ergab nur eine Förderung von 522 to und einen Versand ins Reich von 350 to. Auf Halde blieben in Pogradec 2.000 to Erze mit einer Chrommetalinhalt von rd. 500 to liegen.

In der zweiten August-Hälfte 1944 kam es zur generellen Einstellung des gesamten Bergbaus im Südostraum. Die Gründe hierfür lagen einmal in der militärisch bedingten Unmöglichkeit, bei der damals äußerst angespannten Lage die Gruben ausreichend zu sichern, zum anderen noch wesentlicher darin, daß infolge der Zerstörung der Brücken und der vordringlich gewordenen Truppenverschiebungen auf Monate hinaus keine Möglichkeit des Transportes der geförderten Erze mehr bestand.

Sämtliche albanischen Gruben wurden Anfang September stillgelegt. Infolge der höheren Ortes befohlenen sofortigen Räumung fand eine ordnungsgemäße Abwicklung nicht mehr statt.

Der Verwaltungsgruppe fiel infolgedessen eine gewisse, nicht unerhebliche Aufräumungsarbeit zu. Die auswärtigen Grubenarbeiter wurden, soweit möglich, mit Entlassungspapieren versorgt, und soweit technisch durchführbar, abtransportiert, um ein Überlaufen zu den Banden zu verhüten. Nicht bezahlte Lieferantenforderungen, welche noch mit erheblichen Summen geltend gemacht wurden, konnten mangels Geld und Unterlagen nur dilatorisch behandelt werden.

Zement

Das einzige Zementwerk des Landes in Skutari wurde im Frühjahr 1944 nach langwierigen Verhandlungen mit den albanischen Aktionären durch die deutsche Wehrmacht in Betrieb gesetzt. Der Zement diente fast ausschließlich zum Ausbau der Küstenbefestigungen. Als dieses im August eingestellt wurde, und die Belegschaft des Zementwerkes in immer steigendem Maße aus Angst vor Fliegerangriffen von der Arbeit fernblieb, kam der Betrieb zum Erliegen. Die vorgefundenen Lagerbestände wurden von der Verwaltung dazu verwandt, um dringende Forderungen zu bezahlen und späterhin vor der Räumung auf dem schwarzen Markt dringend notwendige Reifen und Schläuche für die Truppe zu kaufen.

Drintal (Foto: Robert Elsie, April 2010).

Drintal (Foto: Robert Elsie, April 2010).



Drintal (Foto: Robert Elsie,
April 2010).

Forst- und Holzwirtschaft

Albanien ist ausgesprochen waldarm. Nur in der Marmuras [Mamurras] und in einigen Distrikten Nordalbaniens gibt es größere Waldungen. Trotzdem eine pflegliche Behandlung des Holzbestandes und eine Neuaufforstung im dringenden Interesse des Landes läge, fehlt eine moderne Forstverwaltung in Albanien vollständig.

Nur unter Schwierigkeiten war es möglich, den örtlichen Wehrmachtsbedarf an Holz aus dem Lande zu gewinnen. Der Betrieb und die Überwachung einzelner Sägewerke lagen in den Händen der Pioniere und der OT.

Gewerbliche Wirtschaft

Die gewerbliche Wirtschaft hielt sich entsprechend der gesamten Struktur des Landes und der Bevölkerung in engsten Grenzen. Dem Lande fehlten im wesentlichen die Rohstoffe für eine weiterverarbeitende Industrie; die Bevölkerung zeigte sich gerade auf diesem Gebiete als außerordentlich unproduktiv. Abgesehen von rein handwerklicher Fertigung an Schmiede-, Leder-, Teppich- und Textilwaren zum täglichen Gebrauche, die von Albanern in uralter orientalischer Form hergestellt wurden, gab es daher nur wenige fast ausschließlich italienische Betriebe.

Gärungsindustrie

In der Gärungsindustrie ist die unter deutscher technischer Leitung stehende Bierbrauerei in Korça zu nennen, die im Sommer bei dem heißen Klima eine wertvolle Bereicherung der Truppenversorgung sowohl in Albanien wie in Nordgriechenland ermöglichte. Außerdem verarbeiteten einige Alkoholdestillerien in Valona und Elbasan den Weintrester und reichten im großen aus, um die Albanientruppen mit Alkohol zu versorgen.

Zigarettenfabriken

Der im Lande angebaute gute Tabak wurde in den Zigarettenfabriken von Elbasan, Skutari, Tirana und Durazzo verarbeitet. Da diese Monopolbetriebe vom Reich aus mit Bobinen versorgt werden mußten, war der genügende deutsche Einfluß gesichert, um die albanischen Zigaretten preismäßig relativ billig zu halten. Das Aufkommen Albaniens an Tabak und Zigaretten war so reichlich, daß der Truppenbedarf mühelos aus dem Lande mehr wie gedeckt werden konnte. Es war daher eine wohl mangelbedingte Devisenbelastung der angespannten Transportlage, wenn fortdauernd deutscher Tabak für die Truppe nach Albanien nachgeschoben wurde.

Olivenöl und Seife

Die albanische Olivenölernte wurde in einigen Pressereien, vorzüglich in Elbasan und Valona, verarbeitet. Das gewonnene Speiseöl und die aus den Pressrückständen hergestellte Seife überstiegen den inneralbanischen Bedarf. Die zu diesem Zweck angesetzte Firma Meinl AG konnte daher mühelos ihre Einkäufe in diesen Artikeln durchführen. Es wäre ohne weiteres möglich gewesen, noch mehr wie geschehen, von diesen Mangelprodukten nach Deutschland zu importieren, wenn die notwendigen Devisen zur Verfügung gestanden hätten.

Versorgungsbetriebe

Die eigentlichen Versorgungsbetriebe erstreckten sich auf einige wenige in Altalbanien von den Italienern errichteten, mit Diesel betriebenen Großmühlen, welche zur Sicherstellung der Ernährung der Bevölkerung bis zum Schluß in Betrieb gehalten werden mußten, und einer entsprechenden Anzahl, zum Teil mit Wasserkraft betriebenen, mittleren Mühlen in Kosovo. Weiterhin befanden sich einige wenige Molkereien und Großbackbetriebe im Lande. Die Landbevölkerung lebt noch in altväterlicher Weise von den handwerklich zum großen Teil in eigener Wirtschaft hergestellten Produkten.

Italienische Warenlager in Albanien

Die verfeinerten Artikel für die städtische Bevölkerung waren sämtlich aus Italien importiert. Es waren in Albanien Waren aller Art in einer solchen Menge gestapelt, daß auch jetzt noch große Vorräte vorhanden waren. Man erhielt gerade beim Besichtigen der Riesenläger aller nur erdenklichen, sehr schönen, in Deutschland seit Kriegsbeginn nur noch dem Namen nach bekannten Sachen, einen charakteristischen Eindruck von der Umstellung Italiens auf die gemeinsamen Anstrengungen der Kriegswirtschaft der Achsenmächte.

E- und Wasserwerke

Von einiger Bedeutung für die deutsche Verwaltung waren die E- und Wasserwerke. Die Italiener hatten in fast allen, auch den kleineren Städten, als Anfang ihrer kolonisatorischen Durchdringung des Landes moderne E- und Wasserwerke errichtet. Ihr Weiterbetrieb bedeutete für die deutsche Truppe bei dem E-Werken eine große Erleichterung, da so die Truppe mit Licht- und Kraftstrom versorgt werden konnte, bei den Wasserwerken, eine unbedingte Notwendigkeit. In Altalbanien wurden die genannten Werke durchgängig mit Diesel betrieben und belasteten daher insoweit den zivilen Treibstoffsektor erheblich. In Kosovo dagegen nutzten sie die natürlichen Wasserkräfte aus, sodaß hier die reibungslose Fortführung des Betriebes ohne weitere Bedenken möglich war.

Die erste Sorge der Verwaltung war also immer die Belieferung der Werke mit Betriebsstoff, die im einzelnen in albanischen Händen lag, sicherzustellen. Bei der albanischen Schlamperei in allen Verwaltungsdingen mußte vor allem zu Beginn des Monats immer mehr oder minder energischer Druck seitens der Verwaltungsgruppe ausgeübt werden, um eine einigermaßen regelmäßige Versorgung der Werke zu erzwingen.

Größere und immer mehr zunehmende Sorgen bereitete die äußerst schlechte Ersatzteillage der Werke. Fast sämtliche Aggregate standen hier vor dem Ende ihrer Lebensdauer, spätestens mit Ablauf des Jahres, wenn es nicht gelang, bis dahin Abhilfe zu schaffen. Da aber alle Bemühungen der beteiligten deutschen Stellen wegen der Transportschwierigkeiten nur bescheidene Erfolge hatten, und eine nach Italien gesandte Einkaufsgesellschaft nicht mehr zurückerwartet werden konnte, mußten Zwischenlösungen gesucht werden. Die Verwaltungsgruppe sah sich daher gezwungen, ab Spätsommer die Stromzeiten und auch die Wasserzufuhr zu rationieren. Bei gerechter Abwägung der zivilen und militärischen Bedürfnisse wurde es unmöglich, unter Aufrechterhaltung der kriegsnotwendigen Leistungen nicht nur den Maschinenpark zu entlasten, sondern auch bedeutende Ersparnisse an Diesel zu erzielen.

Außenhandel im Frieden

Albanien hatte schon in Friedenszeiten keinen nennenswerten Außenhandel im eigentlichen Sinne. Vielmehr beschränkten sich seine Beziehungen zum Auslande im wesentlichen darauf, daß die notwendigen Waren fast ausschließlich aus Italien à konto der staatlichen Subventionierung Albaniens importiert wurden. Exportiert wurden im wesentlichen nur Chromerz und Rohöl. Die albanische Handelsbilanz blieb also für sich allein betrachtet immer hoffnungslos passiv.

Handelsbeziehungen zum Reich

In ähnlichen bescheidenen Bahnen aber noch eingeengt durch Transportschwierigkeiten, da der Seeweg nicht mehr offen stand, bewegte sich zur deutschen Zeit der Handel zwischen Albanien und dem Reich. Zahlungsbilanzmäßig bekamen aber die zwischenstaatlichen Beziehungen ein umgekehrtes Gesicht dadurch, daß Deutschland in großzügiger Weise alle Besatzungslasten selbst trug.

Die Handelsbeziehungen zwischen Albanien und Deutschland trugen aber ein ganz eigenartiges, kriegsbedingtes Gesicht. Einmal hatten es sowohl beim Erdöl wie beim Chromerz und den sonstigen Bergbauprodukten beide Vertragspartner vorgezogen, endgültige Abmachungen einer späteren Zeit zu überlassen. Zum anderen arbeiteten fast alle Exportbetriebe ausschließlich unter deutscher, zum großen Teil militärischer Leitung. Aus diesen Gründen ist es nicht möglich, hier ein Bild zu entwerfen, das nur einigermaßen normalen zwischenstaatlichen Handelsbeziehungen entspricht.

Deutscherseits wurden vor allem Zucker, Medikamente und Chemikalien importiert. Hier waren vor allem finanzielle Gesichtspunkte, nicht volkswirtschaftliche Erwägungen maßgebend. Daher gewinnt auch von dieser Seite aus betrachtet der zwischenstaatliche Handel Albaniens seine besonders kriegsbedingte Note.

Bei entsprechender Ausbeutung der Bodenschätze Albaniens und Modernisierung der Landwirtschaft könnte Albanien in Zukunft gerade für Deutschland ein brauchbarer Handelspartner werden. Die Bodenschätze Albaniens sind für die deutsche Industrie zum Teil lebensnotwendig. Dagegen ist das Land imstande, Fertigprodukte in bedeutendem Maße, insbesondere landwirtschaftliche Geräte, Maschinen usw., aufzunehmen.

Abgesehen von dem Handel mit Deutschland und Italien bestanden so gut wie keine Handelsbeziehungen zu anderen Staaten.

Preissteigerung während der Besatzungszeit

Entsprechend der allgemeinen Entwicklung im Südostraum stiegen auch in Albanien die Preise fortdauernd. Aufkauf durch die deutsche Wehrmacht trägt daran keine Schuld. Der deutsche Soldat erhielt seinen Wehrsold nach einem zum Schluß sicherlich nicht mehr gerechtfertigten Kurs. Er war daher gar nicht in der Lage, Waren in nennenswerten Maße zu kaufen.

Auch sonst wurden mangels Devisen durch das Reich keine irgendwie das Preisgefüge beeinflussende Ankäufe durchgeführt.

Ebenso war wegen der überreichen Warenbevorratung eine nennenswerte Warenverknappung nicht bemerkbar. Endlich war eine inflationistische Vermehrung des Banknotenumlaufs nicht eingetreten. Die steigende Teuerung trug also ausgesprochen spekulativen Charakter. Die albanischen Großschieber, die sich in unangenehmster Weise in der Öffentlichkeit bemerkbar machten, riefen die Teuerung in rücksichtsloser Weise durch Zurückhaltung der Warenläger und willkürliche Preissteigerungen hervor.

Folgen der Teuerung

Durch die Verteuerung insbesondere der lebensnotwendigsten Dinge wurde natürlich nicht nur eine weitere Beunruhigung in die Bevölkerung getragen, sondern auch allen Gegnern Deutschlands eine ebenso billige wie gefährliche Propagandaparole in die Hand gespielt - erst mit der deutschen Besatzung sei die Teuerung gekommen, sie sei daher allein von den Deutschen verursacht.

Machtlosigkeit der albanischen Regierung

Die Verwaltungsgruppe , die in monatlichen Preisfeststellungen diese bedenkliche Bewegung aufmerksam verfolgte, nahm daher häufig Gelegenheit, die maßgeblichen albanischen Stellen auf das Gefährliche der Entwicklung aufmerksam zu machen. Die Regierung konnte oder wollte sich aber nicht zu irgendwelchen Maßnahmen aufraffen. Mag auch die mangelnde Schlagkraft der albanischen Exekutive, auf die sich die Albaner immer beriefen, dabei mitgespielt haben, so ist der Verdacht nicht von der Hand zu weisen, wenn man annimmt, daß das gänzliche Versagen der Ministerien auch mit darauf zurückzuführen ist, daß hohe und höchste Beamte mit die Nutznießer dieser Großschiebereien waren. Leider fehlte es in dem selbständigen Staat an jeder Möglichkeit, hier irgendwie nachdrücklich einzugreifen.

Währung, Geldwesen und Notenumlauf

Goldeinfuhr aus dem Reich

Die albanische Währung war theoretisch auf Gold basiert. Da aber sowohl König Zogu wie auch die Italiener jeweils den vorhandenen Goldbestand außer Landes gebracht hatten, war die Golddecke sehr knapp. Daher spielte die monatliche Geldzufuhr aus Deutschland, die im Rahmen der Wehrmachtfinanzierung erfolgte, für die Stabilisierung des albanischen Franken eine erhebliche Rolle.

Der Verkauf des Goldes stieß aber immer auf Schwierigkeiten, weil genügend Banknoten in der Staatskasse nicht vorhanden waren. Das steuerliche Aufkommen war sehr problematisch. Zum Schluß erhielt der Staat fast keine Steuern mehr, während die Kommunisten von allen Kaufleuten steuerähnliche, regelmäßige Kontributionen einziehen konnten. Es war daher an der Tagesordnung, daß der Staat sich die notwendigen Barbestände von reichen Kaufleuten leihen mußte.

Albanischer Geldschein: zwanzig Goldfranken.

Albanischer Geldschein: zwanzig Goldfranken.



Albanischer Geldschein:
zwanzig Goldfranken.

Mangel an Banknoten

In der Erkenntnis, daß ein derartiges Finanzgebaren den Rest jeder Autorität untergrub, hatte man sich schon von Anfang an bemüht, Banknoten zu drucken. Versuche dieser Art wurden in Belgrad unternommen, hatten aber nur einen sehr zweifelhaften Erfolg, da es an den notwendigen Druckstöcken mangelte. Die Originaldruckstöcke für das albanische Geld hatten die Italiener in weiser Voraussicht stets in Italien behalten, und diese waren daher für den albanischen Staat jetzt nicht zugänglich.
Unter diesem Mangel an Noten litt das ganze Geldwesen. Bei allen notwendigen Vorhaben fehlte das Bargeld. Versuche, hier durch Einführung eines modernen bargeldlosen Geldverkehrs Wandel zu schaffen, waren relativ ergebnislos, da die Schecks und Wechsel von der Bevölkerung nicht angenommen wurden.

Verrechnungsverkehr

Der zwischenstaatliche Verrechnungsverkehr war ziemlich einfach, da außer dem Geldverkehr zwischen Deutschland und Albanien nur in einzelnen Fällen ein Clearing nach Italien vorzunehmen war. Zu einer besonderen Bedeutung kam er auch deswegen nicht, weil die Handelsbilanz Deutschlands in Albanien passiv war, und man sich notgedrungen albanischerseits damit abfinden mußte, daß die überschießenden albanischen Forderungen erst in einer späteren Zeit geregelt werden könnten.

Bank, Kredit- und Versicherungswesen

Die wenigen im Lande vorhandenen Bankinstitute standen noch ausschließlich unter italienischer Leitung. Im Laufe des Sommers 1944 waren Erwägungen im Gange, hier den italienischen Einfluß auszuschalten und das Bankwesen durch Koppelung mit deutschen Großbanken der Kontrolle des Reiches zu unterwerfen. Über theoretische Besprechungen sind aber diese Bestrebungen nicht hinausgekommen. Bei der geringen Bedeutung des bargeldlosen Verkehrs konnte den Banken überhaupt kein nennenswertes Schwergewicht beigemessen werden.

Versicherungswesen

Die Versuche der Italiener, ein modernes Versicherungswesen in Albanien zu schaffen, waren bei der primitiven sozialen Struktur des Volkes in den Kinderschuhen steckengeblieben. Die vorhandenen Versicherungsanstalten hatten also nur Bedeutung für die in Albanien eingewanderten Italiener gewonnen. Aus diesem Grund bestand kein Anlaß für die Verwaltung, irgendwie hier einzugreifen.

Juden- und Feindvermögen

Juden waren so gut wie gar nicht vorhanden. Außerdem war es in dem selbständigen Staat nicht möglich, hier irgendwie einzugreifen. In Respektierung der Souveränität des Landes wurde auch davon abgesehen, das Feindvermögen im allgemeinen zu beschlagnahmen.

Früheres italienisches Heeresgut

Lediglich insoweit hatte die Verwaltung sich mit verwandten Problemen ausgiebigst zu beschäftigen, als anläßlich der Besetzung italienisches Heereseigentum in großem Umfange erbeutet wurde. Entsprechend dem internationalen Recht wurde hier der Standpunkt vertreten, daß diese Beute entschädigungslos in deutsches Eigentum überginge. Wenn dieser Grundsatz von den Albanern auch theoretisch angenommen werden mußte, so ergaben sich doch sehr viele Zweifelsfragen. Zunächst war es in vielen Fällen strittig, ob die erbeuteten Läger im Eigentum der italienischen Wehrmacht bzw. des italienischen Staates gestanden hätten, oder ob sie privater Besitz gewesen seien. Weiterhin ergaben sich schwierige Probleme bei denjenigen Objekten, die auf ursprünglich albanischem Grund und Boden errichtet waren. Die albanische Regierung versuchte durch entsprechende Gesetze, in denen der italienische Erwerb an Grund und Boden anfechtbar gestellt wurde, die Grundlage dafür zu schaffen, um hier die wertvollsten Objekte unter Mißachtung des deutschen Rechts entschädigungslos in das albanische Eigentum zu überführen. Diese Frage spielte gerade bei den Kasernen, Flugplätzen usw. eine maßgebliche Rolle. Die Verwaltung hat hier den Standpunkt vertreten, daß Beute an sich unteilbar sei und nicht mit Rechten Privater oder Dritter belastet werden könne, da der Erwerb kraft Beuterechts neues Recht schaffe und dadurch alte Gerechtsame zum Erlöschen bringe. Zu einer generellen Klärung ist diese Frage nicht gekommen, da in allen Einzelfällen entweder eine Verständigung erfolgte, oder aber die albanischen Stellen unter Aufrechterhaltung ihres grundsätzlichen Standpunktes von energischen deutschen Vorstellungen zurückwichen. Bei der späteren Abrechnung der albanisch-deutschen Beziehungen dürfte diese Frage aber noch eine erhebliche Rolle spielen. Wenn es möglich wird, den Wert derjenigen Objekte, die durch die Wehrmacht bei der Besetzung erbeutet und im Lande zurückgelassen worden sind, zur Verrechnung zu stellen, so dürfte die Ausgleichung der jetzt gestundeten albanischen Gegenforderungen ein leicht zu lösendes Problem sein.

Zusammenfassende Beurteilung der Wirtschaft in Albanien

Trotz aller aufgezeichneten Mängel kann man Albanien eine wirtschaftliche Zukunft unter gewissen Voraussetzungen nicht absprechen. Gelingt es, das Volk zu regelmäßiger Arbeit zu erziehen, und werden die natürlichen Hilfsquellen des Landes rationell ausgeschöpft, so wird es möglich sein, in dem dünn besiedelten, aber fruchtbaren Land einer weit höheren Bevölkerungszahl ausreichenden Lebensraum zu schaffen. Außer den Bodenschätzen birgt Albanien in den vielen Flüssen unerschlossene Energiequellen von bedeutender Kapazität. Die Landwirtschaft kann durch Modernisierung der Be- und Entwässerung des Landes und Einführung von modernen Maschinen unbedingt so gefördert werden, daß das Land sich selbst ernähren kann. Daher dürfte auch wirtschaftlich gesehen eine weitere aufmerksame Beobachtung der Entwicklung Albaniens für Deutschland von nicht unerheblichem Interesse sein, da das Land für den deutschen Export ein günstiges Aufnahmegebiet werden kann.

 

[Abschrift eines Typoskripts in den National Archives, Washington, Captured German Records, Roll T501/258.]

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